Die Smeg Espressomaschine ECF 01 platziert sich mit rund 300 Euro und 330 Franken Verkaufspreis im oberen günstigen Einstiegssegment der Espressomaschinen. Doch kann die Maschine auch im Vergleich zu anderen Maschinen der Thermoblock-Klasse überzeugen und lohnt sich der Design-Mehrpreis, im Vergleich zur bauähnlichen Delonghi Dedica EC 685?
Wir wenden uns in diesem Artikel und unseren beiden Test-Videos genau diesen Fragen zu. Und über allem schwebt natürlich als Kardinalfrage: smegt der Espresso? (Konnten wir uns nicht verkneifen. 😉)
Kurze Antwort vorweg: ja, mit zwei entscheidenden Tipps könnt ihr die Smeg ECF 01 auf guten Espresso trimmen.
Neben der kurzen Video-Version haben wir auch einen halbstündigen Test gedreht, den ihr hier sehen könnt.
Wenn wir auf Espressomaschinen schauen, dann fokussieren wir uns in der Regel auf ein Modell und versuchen es für sich zu bewerten, ohne direkt den Kontext der Konkurrenz aufzufahren. Bei der Smeg Espressomaschine ist das aber kaum möglich. Zu sehr ähnelt die bunte Design-Maschine dem günstigen Einstiegsmodell von Delonghi. Die Steuerung ist gleich, die Tropfschale ist ähnlich, der Wassertank ist identisch. Und auch bei einem Blick ins Innere fällt auf – diese Maschinen haben einen hohen Verwandtschaftsgrad. Die Smeg geht designtechnisch einen anderen Weg, aber was da an Motorisierung und sonstiger Verbauung drin ist – kommt maximal aus der Nachbarfabrik von Delonghi. Von der Siebträgeraufnahme über die Eingangsleistung (1350 kw) bis zum jährlichen Stromverbrauch laut Herstellerangabe (54 kWh), da unterscheidet sich nur das Erscheinungsbild.
Über Design lässt sich streiten. Und hier bleibt es an euch zu entscheiden, ob das Design der Maschine für euch, eure Küche oder Wohnzimmer den beinahe doppelten Preis im Vergleich zur Delonghi Dedica EC685* rechtfertigt.
Die Smeg ECF01 (rechts) neben der Delonghi Dedica EC685.
Die Smeg Espressomaschine ECF 01 präsentiert sich nach eigener Aussage im „50s Retro Style“. Damit ist eine geschwungen-runde Mischung aus Plastik und Metall gemeint, die in zahlreichen Farbformaten zu haben ist. Die Maschine ist rund 15 cm breit, 33 cm hoch und 33 cm tief, wiegt etwas unter 5 kg und der Wassertank fasst einen Liter.
Mitgeliefert wird ein Plastik-Tamper zum Anpressen des Kaffees im Siebträger sowie drei doppelwandige Siebe. Der Tamper ist gelinde gesagt für nichts zu gebrauchen, außer vielleicht Aufwickeln von Kopfhörer-Kabeln. Die Pressfläche ist leicht verzogen, passt nicht sauber in den Siebträger und Kraft kann auf das Stäbchen auch nicht ausgeübt werden. Die Dosierlöffelseite ist auch das Gegenteil von ergonomisch – und übrigens zum Dosieren auch nicht geeignet (das Thema machen wir bei der Espresso-Zubereitung auf). Die Tropfschale ist klein, zeigt aber mit einem kleinen Schwimmer gut den Wasserstand an.
Die mitgelieferten doppelwandigen Siebe, auch Druck-Siebe, Crema-Siebe, Kompromisssiebe oder liebevoll Fake-Siebe genannt, verhindern eine wirklich gute Espressoexktraktion und verdienen unten einen eigenen Abschnitt.
Hier wäre Raum für Smeg gewesen, mit wenig Aufwand den Mehrpreis der Maschine zum Schwester-Modell etwas zu rechtfertigen. Ordentliche Siebe und ein Tamper, das wäre es gewesen. Chance verpasst…
Links die doppelwandigen Siebe der Smeg Espressomaschine und rechts der Plastik-Tamper.
Ich hätte nicht wenig Lust an dieser Stelle eine ausgiebige Grundsatz-Diskussion über das für und wider von doppelwandigen Sieben loszutreten, verschiebe das aber auf einen eigenen Beitrag. Stattdessen schauen wir auf das Funktionsprinzip der doppelwandigen Siebe und kontextualisieren die Vor- und Nachteile kurz.
Das Funktionsprinzip des Siebes ist in sämtlichen Namen angedeutet: Crema-Sieb, doppelwandiges Sieb oder Druck-Sieb. Eine doppelte Boden-Struktur lässt zunächst den Kaffee durch eine Bodenfläche mit vielen Löchern laufen, um dann eine zweite Bodenfläche, die eigentliche Austrittsfläche mit nur einem Loch durchfließen zu müssen.
Eine große Menge Espresso wird hier unter höchstem Druck durch ein winziges Loch gepresst. Sobald die Kaffee-Emulsion aus diesem Raum mit höchstem Druck tritt und in einen Raum mit geringerem Druck eintritt, dehnt sich das darin gefangene CO2 aus und wird zu Schaum. Je höher der Druck-Unterschied, desto mehr Schaum.
Gleichzeitig verringert das feine Loch die Fließgeschwindigkeit des Kaffees unabhängig vom Mahlgrad. Dadurch wird suggeriert, dass der Kaffee Espresso-ähnlich langsam ausfließt.
Ein doppelwandiges Sieb aufgeschnitten in der Seitenansicht, auch bekannt als Pressurised Basket.
Vorteile:
Nachteile:
Doppelwandige Siebe simulieren eine gute wünschenswerte Auslaufzeit für Espresso und täuschen Crema vor, die durch hohen Druck entsteht, aber nicht durch frischen Kaffee. Crema ist dann ein positives Merkmal, wenn sie durch die Verwendung von frischem Kaffee entsteht.
Bei der Nutzung von doppelwandigen Sieben kommt es in großen Teilen zu einer Unterextraktion, da gröberer Kaffee verwendet wird. Das führt zu einer relativ Sauren Tasse. Gleichzeitig werden einzelne Teilchen unter dem hohen Austrittsdruck stark extrahiert, was gleichzeitig eine Bitterkeit im Kaffee fördert. Das Ergebnis ist unausgewogen und es mangelt an Süße, welche den Espresso balancieren könnte.
Doppelwandige Siebe erlauben es, ein Espresso-ähnliches Getränk mit günstigen Espressomaschinen zu brühen, ohne dafür eine Mühle anzuschaffen. Wir raten davon ab und empfehlen euch stattdessen einen guten Kaffeevollautomaten. Das Espresso-Ergebnis ist eher besser, da der Kaffee frisch gemahlen wird. Espressomaschinen mit doppelwandigem Sieb sind ein Kompromiss der keinen Mehrwert schafft.
Die Upgrades die wir an der Delonghi Dedica EC685 vorgenommen haben, lassen sich teilweise auch an der Smeg Espressomaschine durchführen.
Natürlich können die Siebe der Smeg Espressomaschine gegen klassische Espressosiebe getauscht werden. Dieses einfache Upgrade verändert in Verbindung mit einem vernünftigen Tamper die komplette Espresso-Perfomance.
Was eine Espressomaschine liefern muss, ist gleichmäßigen Druck und eine ordentliche Temperaturkonstanz um die 93 Grad Celsius. Und dieses Potential hat die Smeg Espressomaschine, wenn ihr mit unserem Spül- und Aufheizprotokoll arbeitet. Dann performt die Maschine zunächst an der oberen Grenze mit rund 95 bis 96 Grad Celsius, fällt anschließend innerhalb der 25 bis 30 Sekunden Extraktionszeit auf knapp unter 90 Grad, um sich dann wieder zu stabilisieren. Das ist für eine Maschine in diesem Preissegment ein guter Verlauf und vor allem ein Verlauf, der regelmäßig gelingt. Damit die Temperatur des Brühwassers in diesem Bereich aus der Maschine sprudelt, haben wir für euch ein kurzes Spül-Wasser-Protokoll erarbeitet.
Zunächst sollte der Siebträger des Smeg Espressomaschine ECF01 erwärmt werden. Dieser wird beim Starten der Espressomaschine nicht ausreichend auf Temperatur gebracht und zieht im kalten Zustand die Temperatur während der Brühung nach unten. Um den Siebträger vorzuwärmen, ein bis zwei Mal das Wasser einer Espressoextraktion durch den leeren Siebträger laufen lassen. Achtung, die Tropfschale ist sehr klein! Am besten direkt in ein Gefäß das Wasser beziehen.
Anschließend bei der Vorbereitung eines Espresso folgendes Temperatur-Surf-Protokoll fahren:
Wenn ihr ein einwandiges Sieb verwendet und mit unserem Temperatur-Protokoll die Brühtemperatur in den Griff bekommt, können mit der Smeg Espressomaschine ECF01 gute Espressi bezogen werden.
Passende Siebe gibt es z.B. von Graef*. Mittlerweile haben aber einige Hersteller auch komplett bodenlose Siebträger bereits mit passendem Sieb sehr günstig auf den Markt gebracht, so z.B. hier gesehen*. Diese Kombi ist günstiger als der Umbau, den wir in unserem Upgrade-Video zeigen.
Wir bauen das Plastik-Inlay aus um ein einwandiges Sieb einzubauen.
Der Umbau des Siebes auf ein einwandiges Sieb ist nicht kompliziert und kann auch von ungeschulter Hand durchgeführt werden. Zunächst wird das eingelegte Sieb heraus gehebelt. Unser Barista-Trainer zeigt das im Testvideo bei Minute 18.50. Anschließend wird die Schraube an der Rückseite gelöst und das Plastik-Inlay entnommen. Dieses verhindert den Einbau eines anderen Siebes.
Die Spannfeder wird wieder eingesetzt und das neue Sieb hineingedrückt. Etwas unschön ist das mittlere Loch, welches nun offenbleibt. Wenn ihr Espresso Doppio als Doppelportionen bezieht, stört das Loch nicht weiter – auch wenn der Kaffee natürlich nicht schön heraus läuft.
Elegant ist ein abgesägter Siebträger, der diesen dann bodenlos macht. Eine gut präparierte Extraktion ohne Channeling ist etwas sehr feines – benötigt aber viel Übung.
Da die Temperatur der Smeg Espressomaschine auch mit unserem vorgeschlagenen Surf-Profil zwischenzeitlich unter 90 Grad fällt, empfehlen wir eher mittlere bis mitteldunkle Espresso-Röstungen. Diese haben von sich aus weniger Säure, die durch niedrigere Brühtemperaturen noch betont wird.
Aus unserem Sortiment sind Kaffees wie der Apas oder Henrique am besten geeignet.
Wer auf ein einwandiges Sieb setzt, kommt um die Einstellung der Espressomühle nicht herum. Der Mahlgrad bildet im Siebträger den Widerstand, der die Auslaufzeit des Espresso bestimmt. Da die Smeg Espressomaschine zunächst eine Anfeuchtungsphase (Vorbrühung) durchläuft, empfehlen wir je nach Espresso Brühzeiten zwischen 25 und 35 Sekunden.
Wie genau eine Mühle und ein Espresso einzustellen ist, haben wir hier hier ausführlich erklärt. Endscheidend dafür ist, dass die Mühle dir Grundvoraussetzungen für die Zubereitung von Espresso liefert. Sie sollte fein genug mahlen können, sich konstant einstellen lassen und nicht zu viel Totraum ansammeln.
Bei der Anschaffung von Mühle und Espressomaschine wird oft die Wichtigkeit der Mühle vernachlässigt. Je besser diese jedoch ist, desto besser ist auch die Voraussetzung für guten Espresso. Gerade im Bereich bis 500 Euro darf die Mühle mehr als die Espressomaschine kosten. Die günstigste ordentliche elektrische Espressomühle die wir bisher getestet haben, ist die Sage Smart Grinder Pro. Wir haben jedoch auch drei Handmühlen im Preisbereich unter 100 Euro gefunden, die espressofein mahlen.
Die Smeg Espressomaschine ist geeignet, um Milchschaum mit dicker Textur zu schäumen, der auch Latte Art fähig ist. Es ist jedoch nicht so einfacher, das Luftvolumen welches beim Schäumen hinzugefügt wird, gut zu kontrollieren. Die große Öffnung der Dampflanze erschwert die sorgfältige Kontrolle und Führung der Schäumphasen.
Mit etwas Übung lässt sich dennoch Milchschäum herstellen. Verglichen mit der besten Milchschäum-Espressomaschine im ähnlichen Preissegment, der Sage Bambino Plus, sieht die Smeg Espressomaschine jedoch alt aus.
Die Smeg Espressomaschine ECF01 punktet als Espressomaschine mit dem Potential, guten Espresso brühen zu können. Sie performt wie die Delonghi Dedica EC685 und hier ist schon die Herausforderung, bei der Betrachtung der Smeg. Was rechtfertigt den fast doppelt so hohen Preis zur Dedica? Das mitgelieferte Equipment punktet nicht, es gibt außer dem Erscheinungsbild keine starken Pro-Argumente. Und hier liegt das Urteil im Auge der betrachtenden.
Wir können nur eines raten: macht die Upgrades, egal ob bei der Smeg ECF01 oder Delonghi Dedica EC685.
*Das Testgerät haben wir gekauft. Das ist ein Grundsatz für uns bei allen Tests. Denn wir wollen alle Geräte neutral und ohne Außeneinfluss bewerten. Der Link ist ein Provisions-Link zu Amazon. Wenn ihr über den Link was bestellt, kostet es euch nicht mehr – aber unser Maschinentestkässchen reduziert sein Defizit. Wenn die Maschine beim lokalen Händler verfügbar ist, empfehlen wir euch aber diese dort zu kaufen.
Keine Angst, wir spammen dich nicht zu.
3 Kommentare
Danke schonmal!
LG
Jo
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