Was ist die nachhaltigste Kaffeeverpackung? Wir haben unsere Kaffeebeutel vom Papier-Kunststoff-Verbund auf Mono-Kunsstoff umgestellt. Scheinbar gelten diese als nachhaltiger. Doch wie nachhaltig sind sie wirklich? Wir haben verglichen.
Eins vorweg: zu einer wirklich nachhaltigen Verpackung ist es noch ein weiter Weg. Wir mussten feststellen, dass sich mit der neuen Verpackung nicht viel geändert hat, zumindest was unseren CO2-Fußabdruck angeht.
Nachdem unsere Verpackungen zur Neige gingen, standen wir vor der Frage: Können wir uns in dem Bereich verbessern? Nach Gesprächen mit Lieferanten und Online-Recherchen haben wir uns für eine Mono-Kunststoffverpackung als nachhaltigere Lösung entschieden.
Zwischenzeitlich haben wir aber weiter gesucht und uns im Bereich Nachhaltigkeit verstärkt. Durch die interne CO2-Messung, rückte das Thema Verpackung erneut in den Fokus, da sie für knapp 55% der Emissionen der Rösterei verantwortlich ist (Die Messung bezieht sich bereits auf die neue Verpackung). Das entspricht immerhin noch ca. 4% der Emissionen, der gesamten Kette. (Bezug auf einen Durchschnitt von konventionellen Kaffees aus Brasilien zwischen 2001-2014. Quelle: ecoinvent)
Kunststoffe werden aus Erdöl (zum Teil auch aus Erdgas) hergestellt.
Durch das destillieren von Erdöl entsteht Rohbenzin, auch Naphtha genannt. Dieses wird durch Cracking zu Ethen, Propen und Buten. Woraus verschiedene Kunststoffe hergestellt werden können. (Es gibt hier unterschiedliche Verfahren in allen Schritten, doch wir wollen uns hier nicht im Detail verlieren.)
Mono-Kunststoffe für Kaffeeverpackungen sind in der Regel Kunststoffe, die auf Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP) basieren. Sie gelten als nachhaltig, da sie im Gegensatz zu allen Verbundmaterialien (Papier/Plastik, Plastik/Plastik, Alu/Papier etc.) einen großen Vorteil haben, sie sind recyclingfähig.
Heißt, die Verbundverpackungen landen in der Müllverbrennung, Mono-Kunststoffverpackungen, vielleicht nicht. Vielleicht stützt sich das Argument der nachhaltigen Verpackung vor allem darauf. Deswegen die große Frage: wie viele unserer Verpackungen werden recycelt und wie?
Mehr zum Thema CO2 und dem Klimawandel findet ihr übrigens hier. Zum Verständnis: CO2e steht für CO2-Äquivalente (Equivalents) und rechnet den Impact von allen Treibhausgasen in CO2 um.
Diese Angabe vereinfacht es uns, die Fußabdrücke zu vergleichen. Sie birgt aber auch die Gefahr, sich zu sehr darauf zu versteifen, Stichwort: carbon tunnel (Dazu ein andermal mehr.)
Wir betrachten als Erstes die Emissionen der einzelnen Materialien. Um hier aussagekräftig zu sein, wäre es nicht richtig, nur die Herstellung der einzelnen Materialien zu betrachten, sondern es muss jeder Verarbeitungsschritt, wie auch die Entsorgung berücksichtigt werden.
Daher berufen wir uns hier auf ecoinvent, eine Ökobilanz-Datenbank mit der Prozesse und Verfahren anhand LCAs (Life Cycle Assessments - Lebenszyklusanalysen) erstellt werden können und eine Studie zum Thema “Climate Benefits of Material Recycling*)
Material | Emissionen Herstellung [kg CO2e] |
Emissionen Recycling [kg CO2e] |
Emissionen Entsorgung/Verbrennung [kg CO2e] |
LDPE |
2,14 |
0,7 |
2,7** |
LLDPE |
1,91 |
0,7 |
2,7** |
PP |
1,9 |
0,7 |
2,7** |
PET | 2,83 | 0,7 | 2,7** |
Glas* |
0,9 |
0,5 |
|
Aluminium* |
11 |
0,4 |
0,2 |
Papier & Karton* |
1,1 |
0,7 |
0,2 |
Heißt also, für 1kg unserer Mono-LDPE-Verpackung (das entspricht ca. 70 250g-Packungen) entstehen in der Herstellung des Rohmaterials 2,14 kg CO2e /kg.
Für die weitere Verarbeitung konnten wir keine genauen Daten finden, daher greifen wir auf einen Datensatz in ecoinvent zur Herstellung von Verpackungsfolie zurück. So schlägt hier die Weiterverarbeitung mit 0,82 kg CO2e /kg zu Buche.
Einen weiteren Lebenszyklus und die damit hergehenden Emissionen beziehen wir nicht mit ein. Was wir gefunden haben, ist, dass durch das Sortieren, Waschen und Schmelzen weitere 0,7 kg CO2e pro kg entstehen. (Quelle: ecoinvent) Dazu kommt die Weiterverarbeitung.
Durch Recycling wird Müll wiederverwertet und dem Wirtschaftskreislauf zurückgeführt. In Deutschland werden recyclingfähige Stoffe im gelben Sack gesammelt und dann weiterverarbeitet. Das heißt, sie werden sortiert, gereinigt (z.B. Das Etikett wird entfernt) und dann eingeschmolzen. So dass sie wiederverwendet werden können. Hier wird noch unterschieden:
Der Verkauf des recyclingfähigen Materials ins Ausland wird in die Quote eingerechnet.
In Deutschland wird der Verpackungsmüll im sogenannten dualen System getrennt und flächendeckend gesammelt (“Gelber Sack”). Als Unternehmen sind wir verpflichtet, als Inverkehrbringer von Verpackungen, durch Beiträge dieses System zu finanzieren.
In der Schweiz wird an einem flächendeckenden Sammel- und Recyclingsystem gearbeitet «Sammlung 2025». Momentan gibt es hier noch kein einheitliches System.
Hinweis 1: Allgemein ist der Anreiz für Plastikrecycling gering, da es höhere Kosten und Aufwände verursacht als die Herstellung neuen Materials.
Hinweis 2: Der Recycling Code dient der Kennzeichnung und soll dem Verbraucher bei der Sortierung helfen.
Detailierte Infos zum Recycling findet ihr hier.
Hat Mono-Kunststoff eine Recyclingquote wie PET Flaschen (92% ***) oder trifft die Quote des deutschen Dualsystems (63% ****) zu, oder die Kunststoffverpackung Quote von Deutschland 2020 (46,2% *****) oder die weltweite Quote aus dem OECD-Bericht (9% ******)?
Wir berechnen nun den Fußabdruck abhängig von den unterschiedlichen Recyclingquoten. In dem wir die Entsorgung für die Weiterverarbeitung anteilig aus der Berechnung ausschließen.
Recyclingqoute | Emissionen je kg [kg CO2e/kg] |
Emissionen je Verpackung [kg CO2e/kg] |
100,00% |
2,96 |
0,042 |
93,00% |
3,15 |
0,045 |
63,00% |
3,96 |
0,057 |
46,20% |
4,41 |
0,063 |
9,00% |
5,42 |
0,077 |
Was sagen uns nun diese Zahlen? Für sich gesprochen, sagen sie nur, dass eine hohe Recyclingquote besser ist als eine niedrige. Soweit so, so gut.
Zwischenergebnis: Unser Beutel hat einen Fußabdruck von 0,063 kg CO2e pro Beutel bei der aktuellen Recyclingquote in Deutschland
Unsere alte Verpackung und Bestand aus:
Material | Gewicht in g/m² | |
Papier |
40 |
27,97 % |
PET |
16,8 |
11,75 % |
PE |
76,8 |
53,71 % |
Ventil | 0,67 |
0,47 % |
Kleber und Farbe | 8,42 |
5,89 % |
Zipper |
0,31 |
0,22 % |
Gesamt |
143 |
Das ergibt 4,49 kg CO2e /kg was 0,064kg CO2e je 250g-Packung entspricht
Man sieht, dass der Papieranteil einen positiven Einfluss auf den Fußabdruck hat, da er sowohl in der Herstellung als auch in der Verbrennung einen viel geringeren Fußabdruck erzeugt.
Je mehr Kunststoff in der Verpackung, desto höher die Emissionen.
Mit dem Papieranteil der alten Verpackung von 28% und der aktuellen Recyclingquote von Deutschland, haben wir uns um 54g CO2e auf ein kg Verpackung verbessert. Das entspricht ca. 0,77g CO2e je 250g Verpackung.
Recyclingquote Deutschland 2020 | Emissionen alte Verpackung [g CO2e/Beutel] |
Emissionen neue Verpackung [g CO2e/Beutel] |
46,20% |
64,257 |
63,481 |
Allerdings ist der Transport in der Betrachtung nicht berücksichtigt und auch die Verarbeitung zu Mono-LDPE-Folie wirkt eher energiesparsam im Vergleich zur Herstellung des Standbeutels mit Zipper und Ventil.
Folgende Fragen konnten wir noch nicht beantworten. Täglich kommen Neue hinzu. Wir sind dran, Informationen einzuholen und diesen Blog stetig zu aktualisieren. Wenn ihr auch Fragen zu nachhaltiger Kaffeeverpackung habt, Infos, Tipps und Adressen, dann teilt diese gerne in den Kommentaren.
Außerdem haben wir nicht beachtet, was Kunststoff noch für Auswirkungen hat (Umweltverschmutzung, Wasserverbrauch, Land-Use-Change etc.) und dass es auch, wenn es nicht in die Verbrennung landet, die negativen Einflüsse auf die Umwelt gewaltig sind. Hier ist die weltweite Recyclingquote der OECD erschreckend und wird noch erschreckender, wenn man die weltweite Kunststoffproduktion von 367 Mio. Tonnen ******* betrachtet.
Unser Ziel muss also sein, Kunststoff zu vermeiden, wo es sich vermeiden lässt und wenn immer möglich, Müll zu trennen, um auf hohe Recyclingquoten zu kommen.
Wir haben die neue Verpackung seit kurzem im Umlauf und machen uns, bis diese Verpackungen aufgebraucht sind, auf die Suche nach besseren Alternativen, die für unseren Kaffee in Frage kommen? Kompostierbares PLA? BIO-PE, Einweg- oder Mehrwegglas, Papier?
* Hillman, "Climate Benefits of Material Recycling", 2015, Stand: 18.11.22
** DIW, "Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Plastikrecycling muss stärker in den Fokus rücken", 30.06.21, Stand: 18.11.22
*** BVSE, "PET-GETRÄNKEFLASCHEN: HOHE RECYCLINGQUOTE UND STEIGENDER EINSATZ VON RECYCELTEM MATERIAL", Nov. 20, Stand: 18.11.22
**** Nörr, "Hat das Duale System beim Plastik-Recycling versagt?", 14.02.2022, Stand: 18.11.22
***** Burger, "Aufkommen und Verwertung von Verpackungsabfällen in Deutschland im Jahr 2020", Sept. 2022, Stand: 18.11.22
****** Zeit, Nur neun Prozent des weltweit verwendeten Plastiks wird recycelt, 22.02.2022, Stand: 18.11.22
******* Statista: "Weltweite und europäische Kunststoffproduktion in den Jahren von 1950 bis 2020", 2022, Stand: 18.11.22
Keine Angst, wir spammen dich nicht zu.
11 Kommentare
Ich habe mir eine schöne Packung Dreispitz gekauft. 18.5g in, 46g out, in 26.8 Sekunden. Hab ich was falsch gemacht oder ist es ein Kaffee mit betonter Säure? Von der Extraktionszeit her müsste er ja eher gegen bitter als säuerlich gehen.. Danke!
Dann sollte das nicht mehr nötig sein, oder?
Das Thema treibt uns um - mit demselben Ergebnis - wir haben keine wirklich nachhaltige Lösung gefunden. Und Monomaterial ist auch nur Monomaterial, solange kein Aufkleber drauf ist. Vielleicht tut sich ja was auf dem Biopolymer-Sektor, z.B. bei dem Start-Up Traceless...?!
Viel Grüße aus Freiburg
Was denkst du?