Seit 2022 sind wir mit dem Toca-Projekt in der Sierra de Zongolica in Mexiko aktiv. Im vergangenen Jahr machte die Kooperative einen riesigen Schritt nach vorne. Die Produzenten bauten ein Microbeneficio, verarbeiten Kaffeekirschen zentral und verbessern kontinuierlich die Kaffeequalität. Durch ein Co-Investment wurden wir von Käufern zu Partnern – das Potenzial ist riesig, und ein nachhaltiger Wandel ist möglich.
Das Toca-Projekt hat enorme Fortschritte gemacht. Im März 2025 war ich vor Ort und war beeindruckt und voller Freude, zu sehen, wie die Produzierenden ihre eigene kleine Verarbeitungsanlage (microbeneficio) gebaut haben, zu Unternehmern wurden und mit viel Elan in die Zukunft blicken.
Im Herbst 2022 setzten wir den Startschuss für das Toca-Projekt in der Sierra de Zongolica, im Süden des Staates Veracruz. Die Idee war, eine neu gegründete Kooperative von Kleinstproduzenten auf dem Weg zur biologisch-regenerativen Landwirtschaft zu begleiten, neue Marktzugänge zu schaffen und die Kaffeequalität kontinuierlich zu verbessern.
Den Kaffee aus dem Projekt rösten wir als "Toca" – einen dunklen Espresso mit schwerem Körper, weicher Textur und balancierter Säure.
Im Frühling 2023 löste sich die Gruppe auf. Unstimmigkeiten, verschiedene Ideen und ein fehlender Konsens zur Preisfindung spalteten die Gruppe. Eine kleinere, neue Gruppe fand sich zusammen, aus der 2024 die Assoziation „Citlal Kaffen“ hervorging – zu Deutsch: Kaffeestern. Seit März 2025 ist Citlal Kaffen nun offiziell eine Kooperative.
Der Zusammenschluss von kleineren Produzenten zu einer Gruppe ist essenziell:
Zudem teilen sie die Infrastruktur und das Risiko, wodurch sie eine stärkere Stimme und ein stärkeres Branding durch das gemeinsame Auftreten haben.
Unser Ziel war es von Anfang an, die Gruppe so zu unterstützen, dass sie alle Möglichkeiten hat, ihren Weg emanzipiert zu gehen.
Wir möchten Abhängigkeiten vermeiden. Daher war die Bio-Zertifizierung von Anfang an ein vorrangiges Thema, da diese auch dann bestehen bleibt, wenn unsere Beziehung enden sollte. Mittlerweile sind die Hälfte der Produzenten bio-zertifiziert.
Eine Versammlung der Gruppe in der Finca von Don Germán
Zongolica liegt zwischen den Hügeln der Sierra, umgeben von Nebelwäldern und einer beeindruckenden Flora und Fauna. Die Region zieht viele Tagestouristen an, die die Berge und den Nebelwald erkunden. Doch trotz dieser Schönheit gibt es auch dunkle Wolken: Die Sicherheit in den umliegenden Industrieorten wie Córdoba und Orizaba hat sich verschlechtert, und Kaffee sowie Kakao werden häufig gestohlen.
Es gibt weiterhin große Herausforderungen auf politischer und wirtschaftlicher Ebene: Die US-Administration hat 25% Importzölle auf mexikanische Waren verhängt, was den Kaffeeexport in die USA unattraktiv macht. Zudem sind viele US-finanzierte Infrastrukturprojekte durch USAID, wie zum Beispiel Straßenbauprojekte und die Unterstützung langfristiger Projekte von Entwicklungsorganisationen nicht mehr möglich, da die Mittel gestrichen wurden. In Mexiko fehlt es auch an Arbeitskräften, und die Migrationszahlen steigen, entgegen der feindlichen Migrationspolitik in den USA.
Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen konnte ich das Wachstum des Toca-Projekts und die positiven Veränderungen bei Ensambles und Citlal Kaffen beobachten. Diese Kooperative hat einen beeindruckenden Schritt gemacht, indem sie den „Stern des Kaffees“ (Citlal Kaffen) gegründet hat. Ich durfte die Entwicklung der Produzenten und den Fortschritt bei der Einrichtung eines Microbeneficios miterleben.
Mit der Gruppe im Solar Drier - dem Trocknungszelt für die Kaffees
Die Kooperative hat das Beneficio umgebaut und ist nun Eigentümerin. Das Microbeneficio ist in der Finca von Don Germán beheimatet. Diese ist mehr als 100 Jahre alt und war bis 2013 ein Beneficio, bevor die Roya-Kaffeerost-Epidemie viele Farmer zur Aufgabe der Kaffeeproduktion zwang. So ging auch das Microbeneficio ein, aber wir haben es jetzt wieder zu neuem Leben erweckt.
Zehn Jahre stand das Beneficio still. Jetzt haben wir es wieder belebt
Das Beneficio steht im Weiler Apixtepec, einem kleinen Weiler in der Sierra de Zongolica, an der Hauptstraße. Es ist erstaunlich zu sehen, wie die Gruppe aus einfachen Mitteln ein funktionierendes Microbeneficio aufgebaut hat – mit Bambus, Holz und Second-Hand-Geräten. Ein echtes Beispiel für Nachhaltigkeit und Kreativität.
Die Produzenten haben nicht nur ihr Fachwissen eingebracht, sondern auch ihre Arbeitskraft, um das Beneficio zu bauen und zu betreiben. In fünf sogenannten „faenas“ (Tageseinsätzen) haben die 13 Mitglieder den Boden ausgehoben, planiert und das Beneficio sowie die Trocknungsanlage gebaut.
Geschützt vor Feuchtigkeit und UV-Strahlen, wird der Kaffee im Trocknungstunnel fertig getrocknet
Mit der Anlage kann die Kooperative die Kaffeekirschen ihrer Mitglieder verarbeiten, hat aber auch Potenzial, dies für weitere Produzenten zu tun. Dadurch kann Citlal Kaffen eine Dienstleistung anbieten und das Einkommen der Kooperative diversifizieren.
In nur einer Saison (November 2024 bis März 2025) hat die Kooperative viel über die sorgfältige Verarbeitung von Kaffee gelernt. Ensambles hat Workshops mit der Gruppe durchgeführt, um die Qualität weiter zu erhöhen. Die Kaffeekirschen werden nun zuerst „gefloatet“, also in einem Wassertank sortiert. Unreife und überreife Kirschen schwimmen an der Oberfläche und werden separiert. Danach werden die Kaffeekirschen in Fässern fermentiert. Die Kirschen werden zu etwa der Hälfte in die Fässer gegeben und verschlossen. Ein Ventil lässt das CO2 entweichen, das bei der Fermentation entsteht.
Die Fermentationszeiten für die gewaschenen Kaffees lagen bisher zwischen 20 und 42 Stunden, haben jedoch noch keine signifikanten Ergebnisse gezeigt. Die Zeiten im Fass für die Natural-Experimente waren über 60 Stunden und zeigten klare, fruchtige und schokoladige Noten.
Heute ist Citlal Kaffen als Kooperative die Besitzerin des Microbeneficios. Die Kooperative mietet ihren Standort bei Don Germán, der das Gelände auf seinem Grundstück zur Verfügung stellt.
Die Investitionen für den Bau des Microbeneficios und den Aufbau der Kooperative kamen aus unterschiedlichen Quellen:
Ein Co-Investment verstehen wir als Instrument, um sicherzustellen, dass alle beteiligten Partner auf Augenhöhe agieren. Alle Parteien leisten ihren Beitrag, und das Projekt wird zu einem Gemeinschaftswerk. Wir als Rösterei sind nicht mehr nur Einkäufer, sondern Projektpartner, die durch einen monetären Beitrag zeigen, dass wir nicht nur am Rohkaffee, sondern an der Entwicklung einer Gemeinschaft und eines Projekts vor Ort interessiert sind.
Besonders beeindruckend war der Prozess der Kaffeeverarbeitung: Die Kaffeekirschen werden sortiert, fermentiert und dann in einem Solar-Trockner getrocknet. Während der Trocknung und Fermentation gab es kleine Herausforderungen: Die Gruppe stellte fest, dass die Fermentationseffekte noch nicht signifikant waren, was zu einer Diskussion führte, ob mehr Zeit in der Fermentation sinnvoll wäre, um die Sensorik des Kaffees zu verbessern. Dies bleibt noch zu klären, da die Fermentationstechniken weiter optimiert werden können.
Im Cupping-Labor bei Ensambles in Coatepec: die Kaffees haben überzeugt
Das neue Zahlungssystem, das auf Qualität und gestaffelten Auszahlungen basiert, hat ebenfalls einen Kulturwandel in der Kooperative bewirkt.
Produzentin X bringt 100 kg Kaffeekirschen zum Beneficio. Sie erhält 18,50 Pesos/kg Kaffeekirschen der ersten Qualität – das sind die Kirschen, die nach dem Floating-Prozess weiterverarbeitet werden. Die zweite Qualität wird getrocknet und auf dem lokalen Markt verkauft.
Die Kaffeekirschen werden verarbeitet und getrocknet. Sobald der Kaffee dann bei Ensambles in Coatepec ankommt, wird er geschält und sortiert. Daraus ergibt sich der „Rendimiento“ – der Ertrag an Rohkaffee.
Ausgehend von der Uniformität und Dichte des Rohkaffees erfolgt nun die zweite Bezahlung für jedes Kilo Rohkaffee von Ensambles an Citlal Kaffen, die dann die Produzentin auszahlt.
Dieses System der doppelten Bezahlung musste zuerst etabliert und akzeptiert werden. Es wurde jedoch schnell klar, dass es klare finanzielle Vorteile für alle Beteiligten mit sich bringt. Vor allem aber ermöglicht es einen Wissenstransfer zwischen Ensambles, die den Kaffee verkosten und uns dann verkaufen, und den Produzierenden, die von den Labortipps profitieren, um ihre Produkte zu verbessern.
Sobald alle Kaffees fertig getrocknet sind, werden sie von der Apixtepec nach Coatepec gebracht
Wir sind mehr als zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit mit Citlal Kaffen und Ensambles immer intensiver wird und freuen uns über die nächsten Schritte.
Keine Angst, wir spammen dich nicht zu.
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