Es gibt neue Brewers Cup Regeln! Diese haben tiefgreifende Auswirkungen auf die Disziplin. Wir haben die Folgen für euch zusammengefasst und analysiert.
Da hat sich einiges geändert! Insbesondere der Paragraf 9.1.C. sieht nun ganz anders aus. Schauen wir erst auf die Fakten und wagen dann eine Interpretation.
In Zukunft muss also nicht nur der gestellte Kaffee genutzt werden, sondern auch das zur Verfügung gestellte Wasser sowie der Grinder.
Es entfällt auch die alte Regel 9.3.C. die besagte: Coffee ground before the competition time will be allowed.” Neu muss der Kaffee während der „Competition Time“ gemahlen werden (Siehe auch 11.3 zweiter Absatz).
Konsequenzen: Mit der Möglichkeit eigenes Wasser zu wählen, konnte bislang relativ einfach der Charakter des Compulsory Service Kaffees bearbeitet werden. Durch die Wahl von weicheren oder härteren Wasser konnte man wahlweise Säure, Körper oder Süsse betonen. Dieses Werkzeug fällt nun weg. Umso wichtiger werden in Zukunft das Brührezept sowie die Brühmethode.
Interessante Zusatzschwierigkeit: der Kaffee kann nicht bequem und mehrfach abgewogen und ausgesiebt vor der Competition Time präpariert werden. Ja, nicht einmal während der Set-up Time, wenn wir die Regeln richtig lesen! (Siehe u.a. 13.2.3. fünfter Absatz)
Das bringt, je nach Brühmethode, gewissen Zeitdruck in die 7 Minuten Competition Time.
Flavor und Overall werden nicht mehr doppelt gewertet. Stattdessen sind Acidity und Body die neuen grossen Punktelieferanten. Diese Regeländerungen greifen sowohl im Compulsory Service als auch im Open Service, haben jedoch ganz unterschiedliche Auswirkungen.
Im Compulsory Service sie sind eine interessante Ergänzung der oben notierten anderen Veränderungen. Sowohl Acidity als auch Body sind Komponenten, die sich wunderbar durch die Wahl von Brewing Devices und Rezept bearbeiten lassen.
Entscheidend für die Acidity ist, wie klar sie zur Lebendigkeit und zum fruchtigen Charakter eines Kaffees beiträgt, ohne sauer, schneidend oder dominant zu sein.
Der Body ist eine ganz spannende Grösse, welche die taktile Perfomance des Kaffees im Mundraum beschreibt. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Intensität sondern vielmehr um die Qualität. Ein „leichter Körper“ kann wunderbar weich sein und viele Punkte holen. Während ein „schwerer Körper“ der aber adstringierend herumpoltert schlecht abschneidet.
Sicher gut ist, dass Overall nicht mehr zu den Doble Points gehört. Verglichen mit allen anderen im Brewers Cup Regelwerk definierten Cup Components ist Overall die am stärksten für subjektive Eindrücke offene Tür.
Im Compulsory Service stellt sich die Frage nach der Wahl des Kaffees nicht – denn dieser wird ja zur Verfügung gestellt. Im Open Service stellt sich diese Frage sehr wohl. Hat nun dieser neue Bewertungsansatz Auswirkungen auf die Kaffee-Wahl? Ich würde sagen ja, auf jeden Fall. Doch kommen wir zunächst zu den anderen Änderungen im Open Service.
Auf den ersten Blick könnte man die Änderungen überlesen. Sowohl in der Zusammenfassung des Gesamtwettkampfes als auch in der Beschreibung des Open Services an sich ist zunächst nichts auffällig. Aber es hat sich einiges geändert. Zunächst mal beim Wasser.
Bei der Auswahl des Wassers im Open Service ist der Teilnehmer in Zukunft nicht mehr an die in 11.2. definierte Range gebunden, die für das zur Verfügung gestellte Wasser im Compulsory Service gilt. Das birgt hier ganz neue Möglichkeiten mit dem Thema Wasser noch mehr zu spielen! Was der Compulsory Service verliert erhält der Open Service also umso mehr zurück.
Alle anderen Regeln verstecken sich im Score Sheet! Zum Thema Cup Score haben wir oben schon berichtet. Im Bereich der Presentation Score hat sich aber auch einiges verändert.
Weiterhin vergeben dort die drei Judges 40 Punkte, allerdings nicht mehr doppelt für die nicht mehr vorhandene Kategorie „Overall Impression“, sondern in Zukunft doppelt für Customer Service und Taste Description.
Die Cup Scores im oberen Bereich des Sheets werden von den Juroren wie bei einer Blinddegustation ausgefüllt. Es spielt keine Rolle was der Teilnehmer dazu sagt, singt und tanzt. Bei der Taste Description wird nun verglichen, ob das was der Teilnehmer beschrieben hat zu der Blinddegustation passt. Und mehr denn je ist das in Zukunft wichtig, denn sonst tut es doppelt weh! Und auch Customer Service geht hoch und verdrängt damit Overall Impression.
Die Inhalte von Overall Impression verschwinden jedoch nicht, sondern wandern auf das Score Sheet des Head Judges. Ja und der darf in Zukunft nicht nur mitcuppen, sondern ist gleichzeitig auch Technical Judge.
Overall Workflow nimmt Overall Impression auf. Bewertet wird dort in Zukunft der Workflow, die Nutzung der Werkzeuge, Gegenstände sowie die Organisation derer. Ausserdem bewertet werden Sauberkeit UND Konsistenz!
Endlich! Na klar, wichtig ist in der Tasse. Aber schon lange finde ich wichtig, dass gleichmässige und konsistente Abläufe eben auch entscheidend sind. Dafür gibt es nun Platz im Score Sheet.
Neu ist auch die Bewertung der sensorischen Uniformität. Und hier ist tatsächlich eine Regeländerung versteckt. Denn bisher war es nicht notwendig, drei gleiche Tassen zu brühen. Genau das habe ich beim World Brewers Cup in Rimini explizit nicht gemacht. In Zukunft ist das nicht mehr möglich. Dafür müssen alle Tassen über die Dauer der Zeit gleich performen.
Insgesamt kann der Head Judge 20 Punkte vergeben. Zum Gesamtscoring und der Auswirkung komme ich weiter unten.
Das liesst sich so leicht, ist aber ein ganz grosses Ding! Ich interpretiere dass als starke Aufwertung der individuellen Brüher-Fähigkeiten mit einem fremden Kaffee abzuliefern!
Der Open Service wird folgendermassen gerechnet. Die Ergebnisse von Total Cup und Total Presentation werden je Juror addiert und durch 1.40 dividiert. Anschliessend werden die Final Scores von jedem Juroren addiert und der Durschnitt errechnet, in dem durch drei geteilt wird. Diese Zahl wir dann wiederum mit 1.4 multipliziert, die Score vom Head Judge hinzu gerechnet und das dann mit 1.6 dividiert. Beispiel: J1 gibt 71, J2 73, J3 72 Punkte = 72 im Durschnitt x 1.4 = 100.8 + 15 vom Head Judge / 1.6 = 72.375
Erscheint kompliziert. Ist es auch. Nehmen wir das gleiche Beispiel und lassen den Head Judge mal mehr oder weniger Punkte geben, in diesem Fall 10, 12, 14, usw. und die Sensorik Judges bleiben bei ihrem Durchschnitt. Dann sieht das so aus:
10 => 69.25, 12 => 70.5, 14 => 71.75, 16 =>73, 18 =>74.25, 20 => 75.5
Zehn Punkte der Head Judge Score sind also hier rund 6.25 auf der Gesamtscore. Das ist schon einiges! Das sind Punkte, die sich niemand entgehen lassen will. Wahrscheinlich ist dann im Finale eine Meisterschaft das Niveau sehr eng und dann tun zwei Head Judge Punkte mehr oder weniger richtig weh!
Zuletzt wurde der Brewers Cup immer mehr auch eine Frage des verfügbaren Budgets für exquisite Kaffees und wurde von bestimmten Varietäten oder Rohkaffee-Firmen dominiert wird. Diese Entwicklung erhält nun einen Dämpfer.
Tatsächlich öffnen die höheren Scores für Acidity und Body ganz neue Möglichkeiten bei der Auswahl der Rohkaffees. Ich bin gespannt, was da in den nächsten Jahren kommt.
Insgesamt würde ich sagen, dass die neuen Regelungen dem Brewers Cup sehr gut tun. Ich glaube, dass der Brewers Cup mit diesen Regelungen im Gepäck weiter auf der Überholspur bleibt! In sofern geht mein grosses Lob an das Team der WCE welches die neuen Regeln erarbeitet hat!
PS: Das hier ist auch noch wichtig. 🙂
Keine Angst, wir spammen dich nicht zu.
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