Ligre Youn Espressomaschine im Test: Preisgekröntes Design, begrenzte Kontrolle

Ligre Youn Espressomaschine im Test: Preisgekröntes Design, begrenzte Kontrolle

Zwischen uns steht die Ligre Youn – eine Espressomaschine, die mehr an ein Design-Möbelstück erinnert als an eine klassische Kaffeemaschine​. Tatsächlich positioniert sich die Youn als echtes Design-Statement und hat dafür bereits hochkarätige Preise abgeräumt (u.a. Gold beim German Design Award sowie einen iF Design Award​).

Entsprechend groß war unsere Neugierde: Eine Espressomaschine in der ~4.000-€-Liga, die optisch radikal minimalistisch auftritt und mit innovativer Technik wirbt. Unsere erste Einschätzung nach einigen Tagen im Testlabor war zweigeteilt. Einerseits Begeisterung – die Ingenieurskunst und die technischen Ideen hinter der Youn imponieren.

Andererseits machte sich bei uns auch Frustration breit: So fortschrittlich die Hardware ist, so eingeschränkt fühlten wir uns anfangs in der Steuerung der Maschine. Im folgenden Erfahrungsbericht nehmen wir die Ligre Youn detailliert unter die Lupe – sachlich fundiert, aber auch mit persönlicher Note aus Sicht zweier erfahrener Espressomaschinen-Tester.

Ligre Youn kurz und knapp

Die Ligre youn ist mit einem Thermoblock zur Erwärmung des Brühwassers, Heizpatronen in der Gruppe zur schnelleren Erwärmung und mit einem 0,8 l Edelstahl-Boiler zum Milchschäumen ausgerüstet. Zwei Vibrationspumpen erlauben paralleles Schäumen und Brühen.

Die Ligre youn ist technisch in der Lage sich selbst mit Fluss- sowie Druckzielen zu steuern. Es sind drei Brühprofile vorgegeben, die jedoch nicht überschrieben oder editiert werden können. Der Easy-Mode brüht per Knopfdruck eins der drei voreingestellten Brühprofile mit exakter Volumetrik. Ein smarter Guided Modus macht das Brühen für alle Espresso-Einsteigerinnen und Einsteiger sehr einfach und zugänglich.

Diese Zugänglichkeit und Einfachheit ist für uns die beste Funktion an der Ligre youn. Die zweitbeste ist die ausgezeichnete automatisch schäumende Dampflanze, die auch manuell gesteuert werden kann. Sie schäumt automatisch und manuell sehr gut - das macht Freude! Weniger Freude macht das Temperatur-Offset von 3 bis 4 Grad. Auch die programmierten Brühprofile überzeugen uns nicht.

Herkunft und Hersteller

Ligre ist ein neuer Name Espressomarkt, aber kein unbekannter Hersteller. Hinter der Maschine steht der renommierte Zulieferer Gronbach​. Gronbach, ein deutsch-österreichisches Familienunternehmen, hat jahrzehntelange Erfahrung in der Fertigung hochwertiger Haushaltsgeräte für namhafte Hersteller. Mit der Marke Ligre wagen sie nun den Schritt, unter eigenem Namen aufzutreten und das gebündelte Know-how in ein eigenes Produkt zu stecken. Die Youn wird vollständig in Deutschland und Österreich gefertigt.

Der lokale Fertigungsansatz (kurze Transportwege, hohe Qualitätskontrollen) passt auch zur Nachhaltigkeits-Philosophie der Firma. Es ist schön zu sehen, dass wieder eine Espressomaschine „Made in DACH“ auf dem Markt ist. Ligre positioniert die Youn als ersten Streich einer neuen Produktlinie – begleitet von der passenden Grind by Weight Espressomühle “Siji” – und zielt damit sowohl auf designaffine Kaffeeliebhaber als auch auf ambitionierte Home-Baristas. “Siji” heißt auf javanisch “eins” und “youn” leitet sich vom haitianische Kreolwort „yon“ ab, was ebenfalls “eins” bedeutet. Wir dürfen also vermutlich weitere Maschinen aus dem Haus. Ein Test zur Siji folgt. Wir haben diese aufgeschoben, da wichtige Upgrades noch vorgenommen werden sollen.

Technische Spezifikationen

Die Ligre Youn geht technisch in die Vollen. Das Herzstück ist ein Hybrid-Heizsystem: Für den Espressobezug kommt ein Thermoblock zum Einsatz, während für Dampf ein klassischer Boiler zuständig ist. Diese Kombination soll das Beste aus zwei Welten vereinen – schnelle Aufheizzeit und Temperaturstabilität beim Bezug dank Thermoblock, zugleich aber ausreichend Power und Reserven für konstanten Dampf beim Milchschäumen durch den Boiler. Tatsächlich ist die Maschine nach dem Einschalten sehr zügig betriebsbereit. Offiziell spricht Ligre von nur 4 Minuten bis zur Bezugsbereitschaft. In unserem Test waren es real etwa 5–6 Minuten, bis wirklich alles durchgeheizt war – immer noch ein hervorragender Wert im Vergleich zu den 15+ Minuten vieler klassischer Zweikreiser oder Dualboiler.

Für den parallelen Betrieb von Brühgruppe und Dampflanze sind zwei Vibrationspumpen verbaut. Eine Pumpe versorgt den Thermoblock und liefert Wasser zum Brühkopf, die zweite hält den Dampfkessel auf Druck bzw. liefert heißes Wasser für Americano o. Ä. Beide Pumpen werden elektronisch gesteuert (Stichwort Druckprofil), sodass die Youn druck- und flussprofilfähig ist. Sprich: Theoretisch lassen sich Pumpendruck und Durchfluss präzise regeln, um verschiedene Druckprofile beim Espressofahren abzubilden. Unterstützt wird dies durch zwei Durchflussmesser („Flowmeter“) im Kaltwasser-Zulauf, welche auch die Volumetrik ermöglichen. In der Praxis heißt das: Die Youn kann eine vorher definierte Wassermenge äußerst genau dosieren und den Bezug automatisch stoppen. Diese präzise Volumetrik haben wir im Test tatsächlich als vorbildlich erlebt – wir konnten uns darauf verlassen, dass die programmierte Menge in der Tasse landet, ohne immer mit der Waage kontrollieren zu müssen. Für Konsistenz-Fans und alle, die gern per Knopfdruck reproduzierbare Ergebnisse möchten, ist das ein großes Plus.

Bewertung der Volumetrik: 9 von 10 Punkten. Maximal eine voll integrierte Waage kann das besser.

Temperatur Kurven


Temperatur der Ligre youn

Wie steht es um die Temperatur? Die Brühgruppe (58 mm E61-kompatibel, aus massivem Messing) hat ein geregeltes Heizsystem, das die Zieltemperatur am Brühkopf halten soll. In unserem Test offenbarte sich jedoch eine Temperatur-Offset-Problematik: Die am Display eingestellte Brühtemperatur stimmt nicht mit der effektiven Wassertemperatur im Siebträger überein. Konkret mussten wir feststellen, dass die tatsächliche Brühtemperatur ca. 3–4 °C unter dem Anzeigewert lag. So ergaben z.B. 96 °C am Display nur etwa 92–93 °C im Kaffeepuck. Dieses Offset war bei zwei getesteten Geräten reproduzierbar, weshalb wir davon ausgehen, dass alle aktuell ausgelieferten Youn das Verhalten zeigen. Ligre misst offenbar oben im Brühkopf; bis das Wasser unten ankommt, kühlt es geringfügig ab – was die Differenz erklärt.

Für die Praxis bedeutet das: Temperatur höher einstellen! Wir empfehlen, je nach Situation, 2–3 °C über der eigentlich gewünschten Temperatur zu programmieren. Möchte man z.B. ca. 93 °C im Puck, sollte man 96 °C einstellen. Hat man es eilig und brüht gleich 5–6 Minuten nach dem Einschalten, lieber 97 °C wählen; läuft die Maschine schon länger warm, reichen 95–96 °C. So kompensiert man das Offset und erhält in der Tasse die richtige Temperatur – auch wenn es etwas irritierend ist, am Display vorübergehend deutlich höhere Werte zu sehen. Wir hoffen sehr, dass Ligre dieses Thema via Software-Update noch adressiert, denn die Hardware hätte Potential für punktgenaue Temperaturkontrolle. Dass offensichtlich die Brühtemperatur in der Entwicklungsphase nie entsprechend dem Industriestandard im Siebträger mit einem Scace-Messsiebträger überprüft wurde, lässt uns mit einigen Fragezeichen zurück.

Zusätzlich liefert die Ligre Youn aufgrund der Vorbrühung, Brühpause und träger Vibrationspumpe sehr langsam Wasser. Das sorgt dafür, dass die Messsonde erst nach rund 10 Sekunden genaue Messwerte liefert. Ist die Ligre einmal auf Fluss und Druck, liefert sie gute Werte. Auch die Standardabweichung zwischen den Bezügen fällt dann unter 1 Grad Abweichung. Anzumerken ist aber, dass dafür auch ein geringeres Datenset verglichen wird, als bei unserer klassischen Berechnung der Standardabweichung von Sekunde 4 bis 25.

Bewertung der Temperatur: 9,5 von 15 Punkten.

Größe und Zubehör

Die Youn ist mit 45 cm Breite ungewöhnlich ausladend zur Seite, dafür aber mit ca. 30 cm Tiefe recht schlank gebaut. Die Höhe liegt bei etwa 40 cm, inklusive dem erhöhten Gehäusebereich rechts, in dem der Boiler sitzt und das Display untergebracht ist. Mit rund 18 kg Gewicht steht die Maschine stabil auf der Arbeitsplatte – beim Verschieben ist auf jeden Fall Kraft gefragt. Das Gehäuse besteht aus eloxiertem Aluminium in einem edlen Silber-Beige-Ton (es gibt auch eine schwarze Variante), die Verarbeitung wirkt hochwertig.

wassertank ligre

Der entnehmbare Wassertank fasst 1,6 Liter und versteckt sich rückseitig im Gehäuse. Clever: Er hat einen integrierten Griff und lässt sich zum Befüllen herausziehen. Weniger clever: Unter Hängeschränken wird es knapp – wer oben wenig Platz hat, bekommt den Tank nur schwierig raus, zumal er hinter den Bedienknöpfen entnommen werden muss. Hier muss man ggf. von vorne mit einer Kanne nachfüllen.

Etwas lustig ist, dass Ligre selbst auf einigen Werbebildern die Maschine unter Hängeschränken positioniert, wo eine Entnahme des Wassertanks mindestens schwierig wird.

Zum Lieferumfang der Youn gehören u.a. ein 58 mm Siebträger (Doppelauslauf), ein passender Tamper aus Edelstahl, sowie Einzel-, Doppel- und Blindsieb – solides Standard-Zubehör, ohne besondere Extras.

Der Tamper weist im Sieb einen Abstand von 0,65 Millimeter zum Rand auf. Das ist ein guter Wert. Haptisch fällt der Tamper dagegen weniger gut auf. Er scheint nicht wie ein von oben zu pressender Tamper designed worden zu sein, sondern wie einer, der am Griff wie ein Hammer gehalten wird. Eine fragwürdige Designentscheidung, zumal wenn jemand allen ernstes mit 15 kg Druck anpresst, wie es Ligre in seinem Guided Modus empfiehlt.

Die klassischen Siebe findet man so auch im Lieferumfang von günstigen Espressomaschinen einige Preisklassen unterhalb der Ligre. Sie sind nicht zylindrisch und die Löcher reichen nicht bis an den Rand. Ein sinnvolles Upgrade der Maschine wäre der Austausch der Siebe durch Präzisionssiebe von VST oder unsere KM-Profi-Siebe. Der Siebträger ist Messing-verchromt und gut ausbalanciert.

Bewertung Zubehör: 3,5 von 5 Punkten

Hybrid-Maschine in Sachen Convenience und Heizen

Die Ligre youn ist gleich in zweifacher Hinsicht eine Hybrid-Maschine. Einerseits ist sie technisch eine Hybridmaschine, andererseits dadurch, wie sie versucht, sich im Zwischensegment zwischen der Siebträger-Espressomaschine und dem Kaffeevollautomaten (Kolbenkaffeemaschine) zu platzieren.

Auf dem halben Weg zwischen Siebträger und Vollautomat

Vollautomaten bieten Convenience und dennoch frisch gemahlenen Kaffee. Ein großer Unterschied, beispielsweise zur Kapselmaschine. Das Kaffee zubereiten gelingt per Knopfdruck und verlangt dem Anwender nichts ab. Das Ergebnis in der Tasse liegt bei Haushaltsvollautomaten bei 50 - 70 % der möglichen Qualität des Kaffees.

Der Siebträger dagegen ist zunächst einmal kompliziert. Es muss separat gemahlen und das Mahlwerk eingestellt werden. Tampen, Wassermenge und womöglich noch Temperatur sind Parameter, auf die ich Einfluss nehmen kann. Das Geschmackspotential liegt je nach Maschine bei 100 %, die Fallhöhe aber ebenfalls bei 50 % der möglichen Qualität des Kaffees. Wer sich mit einer klassischen Espressomaschine nicht auseinandersetzt, wird ordentlichen Kaffee trinken, aber dennoch nicht zufrieden sein. Das Gefühl sagt dann: du hast nicht alles herausgeholt, weil du es nicht besser wusstest.

Guided Modus

Bedienung und Nutzererfahrung

Die Ligre Youn will sowohl Einsteiger als auch Fortgeschrittene glücklich machen – ein Spagat, der in der Bedienung deutlich wird. Es gibt im Wesentlichen drei Modi: den Easy Mode, den Guided und den Nerd Mode.

Die verschiedenen Modi sind aber alle nicht weit voneinander entfernt und der Zugriff auf Steuerungsmöglichkeiten ist überall begrenzt.

Der Guided Modus nimmt euch als Nutzerinnen und Nutzer an die Hand und erklärt mehr oder weniger genau und mehr oder weniger präzise, welche Schritte ihr auf dem Weg zur Zubereitung des Espresso gehen solltet. Er fragt, ob ihr den Kaffee selber mahlen wollt, schlägt je nach Sieb eine Menge vor und beginnt schlussendlich, nachdem ihr euch durch die Fließtexte geklickt habt, die Brühung. Während die Anleitung zweckmäßig und leicht verbesserungswürdig ist, beginnt mit der Brühung die Stärke des Modus und eine der größten Stärken der Maschine. Wenn die Ligre youn auf zu grob gemahlenen Kaffee trifft, oder tatsächlich vorgemahlener Kaffee verwendet wurde, dann reguliert die Youn ihren Fluss nach unten. Dadurch rauscht das Wasser nicht mit voller Geschwindigkeit durch das Mahlgut und der Kaffee wird deutlich besser, als bei einer “zügellosen Durchschussextraktion”. Um wieder an das oben aufgezeichnete Bild anzuknüpfen: Der Espresso wird qualitativ in etwa die 70 % Qualität erreichen, die mit einem gut eingestellten und funktionierenden Kaffeevollautomaten möglich wären. Die Ligre kann das aufgrund einer sensiblen Sensorik, die merkt, dass der Kaffee zu schnell läuft. Diese Funktion in dieser Qualität ist fast einzigartig auf dem Markt. Wenige andere Maschinen können das auch. Das die Ligre auf eines der zu besprechenden Brühprofile zurück greif ist suboptimal.

Im Easy Modus sparen wir uns den Einleitungstext, wählen eine Sensory Profile und starten die Brühung. Das Sensory Profil ist eines von drei wählbaren Brühprofilen, die alle mit einer Preinfusion beginnen, eine wählbar lange Brühpause machen und dann das Profil weiter abfahren. Im Easy Mode stoppt die Maschine, wenn die programmierte Füllmenge erreicht wird.

Der Nerd-Modus erlaubt jene Einstellungen, die auch im Easy Modus vorgenommen werden. Und ehrlich gesagt, keine weiteren. Die einzige Zusatzfunktion im Nerd-Modus ist, dass ihr die Brühung selbst beenden müsst und eine detailliertere Anzeige habt. Das Displays zeigt euch nun die bereits gebrühte Kaffeemenge, den aktuellen Druck sowie die Milliliter pro Sekunde, die gebrüht werden. Der Nerd-Modus ist präziser formuliert, genau genommen ein Nerd-Display-Modus. Zugriff auf den Fluss oder andere Parameter habe ich nicht - schon gar nicht während der Brühung. Der Modus wird aktiviert, wenn die Taste nicht gedrückt, sondern gezogen wird.

Soweit so gut, möchte man meinen. Wir müssen ja nicht alles steuern, wenn das, was angelegt ist, überzeugt. Was wir bereits bei der schlechten Temperatureinstellung gesehen haben, wiederholt sich aber bei den Brühprofilen, aus denen wir auswählen MÜSSEN.

Bewertung der Volumetrik: In den Volumen-gesteuerten Modi ist die Genauigkeit der Ligre exzellent. Trotz unterschiedlicher Flüsse messen wir nur Abweichungen von maximal einem Gramm von der programmierten Zielmenge. Das ist nur mit einer integrierten Waage noch besser möglich und führt zu 9 von 10 möglichen Punkten in unserer Bewertung.

mellow morning ligre

Brühprofile und Vorbrühung – verschenktes Potenzial

Hier kommt der Knackpunkt: Die Ligre Youn bietet drei vorprogrammierte Brühprofile, „Mellow Morning“, „Vibrant Vigor“ und „Brilliant Bolt“, die verschiedene Preinfusionen und Druckverläufe versprechen. In der Praxis erweisen sich diese Voreinstellungen jedoch als kaffee-technisch unausgereift.

Mellow Morning arbeitet mit lediglich 2 ml Preinfusion, Vibrant Vigor mit etwa 8 ml, und Brilliant Bolt mit rund 16 ml. Als wir das das erste Mal hörten, dachten wir: 2 ml Preinfuision pro Sekunde - super! 8 ml pro Sekunde - oh, interessant. 16 ml pro Sekunde - etwas crazy. Als wir dann mit der Maschine zu arbeiten begannen, stellen wir fest: nein - das ist die Gesamtmenge des Preinfusionswassers…

Aus unserer Sicht sind diese Mengen viel zu gering, um den Kaffeepuck wirklich gleichmäßig zu benetzen. Eine effektive Preinfusion sollte ungefähr 1,5 bis 2 Gramm Wasser pro Gramm Kaffee umfassen, damit das Kaffeemehl vollständig durchfeuchtet ist. Bei einem typischen Doppelshot mit z.B. 16 g Kaffeemehl wären also rund 24–32 ml Wasser nötig, um den Puck komplett zu sättigen – Werte, von denen die Ligre-Profile weit entfernt sind.

Die Folge: Bereits während der Preinfusion bleibt ein Großteil des Kaffeepulvers trocken. Die anschließende Extraktion trifft auf inhomogen befeuchteten Kaffee, was zu Channeling und ungleichmäßiger Extraktion führen kann. Kurzum, die Maschine limitiert sich hier selbst und schöpft das mögliche Geschmacks-Potenzial des Kaffees nicht aus.

Hinzu kommt, dass alle drei Profile mit einer Brühpause arbeiten, die in unseren Augen in dieser Form überflüssig ist. Uns fällt beim Zubereiten von Espresso kaum ein Grund ein, warum überhaupt eine Brühpause sinnvoll wäre. Bei einer Maschine, die derart langsam und wenig Fluss zu Beginn einer Brühung aufbaut, erscheint die Brühpause noch mehr fehl am Platz. Zumal wenn gar nicht aller Kaffee benetzt ist. Dann arbeitet der bereits benetzte Kaffee während der Brühpause, während der Großteil des Kaffees im Siebträger noch gar nicht mit Wasser in Berührung gekommen ist. Wir haben die Brühpause auf die niedrigste mögliche Zeit gestellt, um den Extraktionen möglichst wenig zu schaden.

Beim Brühen von Filterkaffee brühen wir oft mit einer Brühpause. Diese gibt dem durch die Röstung entstehenden CO2 die Möglichkeit zu entweichen. In einem geschlossenen System wie dem Siebträger ist das aber nicht möglich und würde vor allem Crema-Aficionados auch nicht gefallen.

Apropos Preinfusion. Vibrationspumpen haben von sich aus schon einen viel langsameren Druckaufbau als Rotationspumpen. Die Notwendigkeit einer Preinfusionen stellen wird mindestens in Frage. Wenn sie durchgeführt wird, dann sollte sie innerhalb der Preinfusionszeit relativ zügig ohne Druck den gesamten Kaffee befeuchten.

Was machen die Profile nach der Preinfusion und Brühpause?

Brilliant Bolt geht zunächst sogar über den eingestellten Brühdruck laute Hersteller auf 9 Bar und reduziert dann nach ein paar Sekunden den Druck um 1 bar. Wir haben zunächst einen Druck zwischen 9,5 und 10 Bar gemessen, anschließend eine Reduzierung auf 8,5 bis 9 bar.

Brilliant bold ligre

Dieses Verhalten führte in unseren Versuchen dazu, dass der Kaffeepuck bei einigen Bezügen regelrecht „zerschossen“ wurde – das Ergebnis war häufig starkes Channeling und ein unausgewogener Geschmack. Wir haben deshalb meist auf Mellow Morning gesetzt, da dieses Profil mit der geringsten Vorbrüh-Wassermenge und kürzesten Pause zwar ebenfalls nicht ideal ist, aber den Kaffeepuck am wenigsten durcheinanderbringt.

Unterm Strich sind die vorprogrammierten Brühprofile der Youn enttäuschend und verspielen viel von dem technischen Potenzial der Maschine. Hier würden wir uns deutlich großzügigere und anpassbare Preinfusions-Optionen wünschen – etwa ein Profil mit ~24 - 32 ml Preinfusion, moderatem Druckaufbau (z.B. bis 8 bar) und anschließendem reduziertem Flow. Die Hardware der Maschine könnte all das leisten, doch die Software lässt es (noch) nicht zu.

Durchfeuchtung mit Brilliant Bold

Espresso-Qualität: Gut, aber nicht sehr gut

Wie schlagen sich nun die Espresso-Ergebnisse der Ligre Youn in der Tasse? In unseren Verkostungen produzierte die Maschine durchweg solide bis gute Espressi. Die Extraktionen waren dank der Temperatur- und Mengenkontrolle reproduzierbar und balanciert (Offset-korrigierte Temperatur). Auch geschmacklich konnten uns viele Shots gefallen – insbesondere wenn wir das am wenigsten invasive Profil Mellow Morning benutzen.

Allerdings war kein Espresso dabei, der wirklich herausragte oder das volle Aroma-Potential ausschöpfte, das wir von der verwendeten Bohne kennen. Hier macht sich bemerkbar, dass die restriktiven Brühprofile die Möglichkeiten begrenzen. Die Youn zeigt Ansätze ihres Potenzials, kann dieses aber in der aktuellen Programmierung nicht vollkommen entfalten. Erfahrene Anwender, die gern mit Preinfusion, Pressure-Profiling und Flow-Rate spielen, dürften frustriert sein, da sie diese Parameter nicht frei einstellen können. Stattdessen muss man mit den vorgegebenen (suboptimalen) Profilen arbeiten, was Spitzen-Ergebnisse verhindert. Kurz gesagt: Die Ligre Youn liefert im Alltag durchaus leckeren Espresso – nur eben keinen, der in Erinnerung bleibt oder das Maximum aus einer Spezialitätenröstung herausholt.

Bewertung: 9 von 15

Brühtipps für die Ligre Youn

Wegen der trägen Temperaturentwicklung und dem langsamen Beginn, solltet ihr mit allen Brühungen eher auf längere Extraktionen zielen. Am besten haben uns bei vielen Kaffees Bezüge von 32 bis 35 Sekunden. Wir empfehlen euch eher mittlere Röstungen, die von sich aus eine solide Base haben und viel verzeihen. Aus unserem Sortiment könntet ihr dafür den Apas oder Boton probieren.

Milchschaum-Funktion

Ein Highlight der Youn – und klarer Hinweis, welche Zielgruppe man ebenfalls im Blick hatte – ist die automatische Dampflanze mit integriertem Aufschäumsystem. Ligre bewirbt zehn verschiedene Milchschaum-Texturen auf Knopfdruck, und tatsächlich lässt sich über das Menü einstellen, wie viel Schaum man möchte (von eher flüssiger „Flat White“-Konsistenz bis zu festem Schaum) sowie die Zieltemperatur der Milch. Im Easy Mode genügt dann ein Druck auf den Milchknopf, und die Maschine schäumt selbstständig bis zum programmierten Level. Wie funktioniert’s? Die Youn hat einen Temperaturfühler und Dampffunktion. Man stellt die Milchkanne mit kalter Milch unter die Lanze, drückt Start – und kann quasi zusehen, wie zuerst Luft eingeblasen wird und dann die Milch auf Temperatur gebracht wird.

Wir waren anfangs skeptisch, doch wurden positiv überrascht: Die Milchautomatik liefert hervorragend gute Resultate. Der Mikroschaum ist feinporig und glänzend, genau wie man ihn für Latte Art haben möchte​

Die Konsistenz lässt sich dabei wie gesagt im Voraus wählen; wir haben meist Stufe 5 oder 6 (von 10) für Cappuccino genutzt und ein fast perfektes Ergebnis erzielt. Selbstverständlich muss man das Eingießen noch selbst üben, aber die Maschine nimmt einem mit dieser Funktion schonmal 90% der Arbeit ab. Gerade für Anfänger oder für Haushalte, in denen nicht jeder ein Barista ist, ist das ein toller Komfort. Im Test hat sich allerdings gezeigt, dass wirklich kalte Milch die Voraussetzung ist – im Easy Mode weist die Maschine auch darauf hin, gekühlte Milch zu verwenden und startet andernfalls nicht. Ist die Milch schon handwarm, arbeitet das automatische Programm nicht. Im Easy-Modus dauert das Schäumen rund 60 Sekunden.

Wir waren beeindruckt und können Lob aussprechen: „Sehr, sehr gute Milchschaumqualität – da gibt’s eigentlich nichts, was wir uns zur Verbesserung wünschen.

Natürlich bietet die Youn auch die Möglichkeit, manuell zu schäumen, und das war uns persönlich wichtig. Wäre man auf die Automatik festgenagelt, hätten wir das kritisch gesehen – denn auch wenn sie gut funktioniert, wollen fortgeschrittene Nutzer vielleicht gelegentlich selbst Hand anlegen.

Wer die Milchschaum-Taste nicht drückt, sondern zieht, schäumt manuell. Im Handbetrieb verhält sich die Maschine wie ein kompakter Dualboiler: Man dreht den Dampfhebel auf und schäumt nach Gefühl. Die Dampfleistung des 1300-W-Boilers ist gut, aber nicht brachial. Die Youn schäumt 200 ml Milch in vielleicht 40 Sekunden – das ist deutlich langsamer als mancher Dualboiler in der gleichen Preisklasse, aber für den Heimgebrauch dennoch ausreichend.

Im Vergleich zu anderen Maschinen dieser Größe liegt die Youn beim manuellen Schäumen im hinteren Mittelfeld. Gut gefällt uns die „Cool-Touch“-Eigenschaft der Lanze – sie wird außen nicht heiß, man kann sie also gefahrlos anfassen​. Insgesamt können wir sagen: Ob Cappuccino oder Flat White, die Youn liefert die Milchperformance, die man von einer High-End-Maschine erwartet – mit dem Bonus, dass es auf Wunsch fast von allein geht. Sie ist beim Schäumen etwas langsam - Zuhause erscheint uns Qualität wichtiger als Geschwindigkeit.

Bewertung: 9 von 10

Temperatur Kurven ligr youn

Energieverbrauch und Nachhaltigkeit

In Zeiten steigender Stromkosten und Nachhaltigkeitsbewusstsein ist der Energiehunger einer Siebträgermaschine durchaus ein Faktor. Ligre gibt an, die Youn sei besonders effizient und spare bis zu 50% Energie gegenüber herkömmlichen Maschinen​.

Wir haben nachgemessen: Im Espresso-Betrieb – also wenn nur der Thermoblock aktiv ist – verbraucht die Youn tatsächlich erfreulich wenig. Ein Espresso-Bezug inkl. Aufheizphase lag bei uns grob um 0,052 kWh. Als Vergleichswert schauen wir jeweils auf 5 doppelte Bezüge inkl. Aufheize: Hier landen wir bei 0,088 kWh. Beide Werte wurden mit ausgeschaltetem Dampfboiler gemessen.

Das ist ein sehr guter Wert, ungefähr das Niveau einer effizienten Thermoblockmaschine. Die schnelle Aufheizzeit spielt hier natürlich positiv rein: Da nichts lange durchgeheizt werden muss, wird Energie gespart. Schaltet man jedoch den Dampfkessel dazu (für Milchgetränke), steigt der Verbrauch deutlich. Mit Boiler waren wir im gemischten Betrieb zwar immer noch im grünen Bereich, aber nicht mehr rekordverdächtig – andere (kleinere) Dualboiler in unseren Tests erreichten ähnliche Werte.

Reine Thermoblock-Systeme oder Dickfilmheizer sind bei längerem Betrieb noch sparsamer. Laut unseren Messungen benötigt die Youn im Kombibetrieb etwa dreimal so viel Strom wie eine Maschine, die komplett ohne Boiler auskommt​. Warum? Ein Boiler muss ständig auf Temperatur gehalten werden, um jederzeit Dampf abrufen zu können. Thermoblocks oder Durchlauferhitzer heizen nur bei Bedarf und sind daher im Durchschnitt effizienter. Hier zeigt sich ein Zielkonflikt: Will man maximale Dampfpower ohne Wartezeit, kam man lange um einen Boiler kaum herum – das kostet eben Energie. Heutige Dickfilmheizer schaffen das natürlich ohne weiteres und ebenfalls in Sekundenschnelle.

Ligre hat diesen klassischen Kompromiss gewählt: Performance vor Effizienz, zumindest was das Milchsystem angeht. Fairerweise muss man sagen: Im typischen Home-Use wird der Dampfkessel nicht pausenlos gebraucht, und man kann die Maschine auch zwischendurch abschalten oder in den Eco-Modus schicken (die Youn besitzt eine Standby-Funktion). Dennoch bleibt als Kritikpunkt, dass ein Hybrid-System hier energetisch nicht ganz mit den sparsamsten Lösungen mithält. Wir hätten es z.B. spannend gefunden, wenn Ligre statt eines klassischen Boilers einen zweiten Thermoblock oder einen Dickfilmheizer für den Dampf genutzt hätte. Das hätte den Stromverbrauch weiter gesenkt​.

Immerhin: Die Youn wird in Europa unter hohen Umweltauflagen produziert, was Materialien und Fertigung betrifft. Langlebigkeit stand ebenfalls im Pflichtenheft – jede Maschine durchläuft laut Hersteller umfangreiche Lebensdauertests​.

Das relativiert den Punkt ein wenig, denn was nützt die effizienteste Maschine, wenn sie nach ein paar Jahren ersetzt werden muss. Hier haben wir bei der robusten Ligre durchaus Vertrauen, dass sie für viele Jahre Kaffeegenuss gebaut ist.

Bewertung: 8 von 10

Erhitzung der Ligre Youn

Design und Verarbeitung

Kommen wir zurück zur äußeren Erscheinung der Ligre Youn – denn diese Maschine zieht Blicke auf sich. Wie eingangs erwähnt, haben manche Besucher unserer Akademie zunächst gar nicht erkannt, dass es sich um eine Espressomaschine handelt​. Die Youn sieht futuristisch und minimalistisch aus: eine flache, leicht angewinkelte Front ohne sichtbares Brühgruppen-Gehänge, ein kleines monochromes Display und sonst nur ein schlanker Zylinder (der Brühkopf) und ein geradliniger Dampfarm, die aus dem Gehäuse ragen​. Keine auffälligen Drehventile, keine nostalgischen Manometer – “weg mit den vielen Hebeln und dem Chrombling der traditionellen Maschinen”, scheint das Design zu sagen​.

Stattdessen wirkt die Youn wie ein Monolith aus Aluminium, der zeitlose Eleganz ausstrahlt. Uns hat diese Optik sofort angesprochen. Sie ist mutig anders und dennoch hochwertig.

Man merkt, dass hier Industriedesigner am Werk waren, die ein Statement setzen wollten – und das ist gelungen. Die Materialanmutung ist ebenfalls top: Das eloxierte Aluminium fühlt sich gut an, nichts wackelt oder klappert – bis auf eine Kleinigkeit, dazu gleich. Insgesamt können wir bestätigen, was Designjurys honoriert haben: Die Youn ist eine Augenweide für jede moderne Küche.

Wo Licht ist, ist jedoch auch etwas Schatten. Im Alltag offenbarten sich ein paar Ergonomie- und Designmängel, die bei aller Liebe zum Aussehen auffielen. Erstens: Die Maschine hat keine einstellbaren Füße​. Da die Frontplatte unserer Maschine und Mühle nicht im gleichen Winkel stehen, bilden sie keine nahtlose Einheit.

Das ist schade, denn gerade wenn zwei so designstarke Geräte nebeneinander stehen, will man sie exakt im gleichen Winkel haben. Wir haben uns mit Unterlegplättchen beholfen.

Zweitens: Die Platzierung der Mühle – besser gesagt, die benötigte Stellfläche – ist unpraktisch. Maschine und Mühle nebeneinander benötigen ca. 60 cm Breite. Durch die geringe Tiefe wirken sie zwar schlank, aber man braucht eben eine breite Theke. In kleinen Küchen wird das schwierig. Und so sehr die Maschine mit ihrer geringen Tiefe auch danach ruft, unter Hängeschränken zu stehen. Sie ist eben doch recht hoch und das führt dazu, dass bei zu tief hängenden Schränken der Wassertank nicht mehr entnommen werden kann.

Ehrlich gesagt fällt uns das auch bei einigen Werbebildern von Ligre auf. Das sieht nicht wirklich so aus, als ob dort der Wassertank entnommen werden könnte.

Drittens: ein kleiner Verarbeitungs-Dämpfer – die Maschine hat ihr Stärken an der Front und nicht auf der Hinterseite. Nicht wirklich problematisch, doch uns fiel auf, dass die Seiten- und Rückwände beim Klopfen etwas scheppern und nicht das Gegenüber der wertigen Front sind.

Design- und Bedienungstechnisch fällt uns die hohe Temperatur des massiven Siebträgerhalters aus Messing auf. Der scheint nicht oder nicht gut isoliert zu sein. Mehr als 70 Grad messen wir und finden sie vor allem problematisch, weil die Maschine sonst so elegant und schön ist, dass man sie anfassen möchte. Beim Siebträgerhalter und Brühkopf sollte man das definitiv nicht machen.

Ansonsten gibt es an der Verarbeitung wenig auszusetzen: Der Siebträger rastet satt ein (Standard-E61-Bajonett mit gutem Widerstand), die Hebel und Knöpfe haben einen klaren Druckpunkt, und die Abtropfschale ist großzügig dimensioniert. 

Ligre Youn Bewerung quer 1

Fazit und Bewertung der Ligre Youn

Die Ligre Youn ist zweifellos eine der spannendsten Neuerscheinungen auf dem Espressomaschinenmarkt der letzten Jahre. Sie vereint technischen Fortschritt mit ästhetischem Wagemut – und das Ergebnis ist ein Gerät, das sowohl Hingucker als auch leistungsfähiges Kaffee-Tool ist. In unserem Test hat uns die Youn mit ihrer schnellen Einsatzbereitschaft, der präzisen volumetrischen Dosierung und den cleveren Features wie dem Guide-Modus und der automatischen Milchschaumfunktion beeindruckt. Ein echtes Highlight ist die potente Milchschaumfunktion, sowohl automatisch als auch halbautomatisch.

So gut das technische Potential der Maschine auch ist, so sehr sind wir doch auch aufgrund der Steuerung frustriert. Das Temperatur-Offset, mit dem die Maschine seit dem Start ausgeliefert wurde, verhindert eine Orientierung am Markt und hat sicher zu manch saurem Espresso zu Hause geführt.

Die fix programmierten Brühprofile schmälern das Ergebnis in der Tasse. Trotz hochwertiger Hardware und präziser Steuerungsmöglichkeiten kann die Youn ihr volles Können nicht ausspielen, solange Preinfusion und Druckprofile derart restriktiv voreingestellt sind und vom Nutzer nicht angepasst werden können. 

Die programmierten Brühprofile machen brühtechnisch für uns keinen Sinn. Nach dem Messen und aufzeichnen der Profile, haben wir zahlreiche Kollegen aus der Kaffee-Community kontaktiert und um Unterstützung bei der Interpretation gebeten. Darunter natürlich insbesondere auch Nutzer von Decent Espressomaschinen und Unicas. Niemand konnte die Profile nachvollziehen und kam bei der Reproduktion der Kurven mit seiner Maschine auf zufriedenstellende Ergebnisse.

So schließen wir den Test sehr zwiespältig und wir wollen es in einem Satz zusammen fassen: technisch ist die Ligre Youn potentiell so gut, wie das Design ein Statement ist - in der Programmierung und Umsetzung frustriert sie uns sehr an mancher Stelle.

Kann man mit der Ligre guten Espresso machen? Selbstverständlich! Ist der Milchschaum überragend? Auf jeden Fall! Aber die Ligre wird ihrem eigenen technischen Potential nicht gerecht, eine der besten Espressomaschinen zu sein. Und das ist tragisch!

ligre youn und siji

Exkurs: Ligre Siji Grind By Weight

Unser Test der Ligre Siji ist bereits abgeschlossen. Da der Hersteller hier aber noch größere, in Kürze erscheinende Updates angekündigt hat, warten wir noch mit der Veröffentlichung und werden die neue Siji-Version testen. Einige Infos für alle, die über den Kauf der Mühle nachdenken.

Die Ligre Siji ist im inneren eine Eureka Specialità, die mit einer ausgeklügelten Wiegetechnologie ausgestattet ist, die von Ligre entwickelt wurde. Wenn der Siebträger eingeführt wird, wiegt bzw. tariert die Mühle zunächst den Siebträger und beginnt dann zügig mit dem Mahlprozess. 

Sie ist sehr genau, was die Mahlergebnisse angeht. Wenn ihr 16 Gramm Zielmenge definiert, so werden diese 16 Gramm auch zuverlässig gemahlen. Bei einigen Kaffees entsteht eine hohe statische Ladung. Problematisch ist in der aktuellen Version, dass die Mühle den Siebträger mit kaum mehr als 16 Gramm befüllen kann, ohne dass beim Entfernen des Siebträgers ein Teil des Kaffees verloren geht. Damit der Kaffee sauber in den Siebträger fällt, ist bei vielen Kaffees die Verwendung eines Dosierrings notwendig. Die Steuerung der Mühle ist intuitiv und gut.

Viele andere Parameter der Mühle werden durch den Mühlenkörper der Eureka Specialità bedingt.

Transparenzhinweis

Wir haben die Ligre Youn und Siji mit einem Händlerrabatt gekauft und eine zweite Youn leihweise erhalten, um einen offensichtlichen Fehler beim zweiten Modell auszuschließen (undichter Wassertank bei unserer ersten Youn) sowie auch unsere Offset-Messungen an einer zweiten Maschine zu überprüfen.

Wenn wir auf aus unserer Sicht problematische Ergebnisse beim Test einer Maschine treffen, räumen wir Herstellern die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Das ist auch bei der Ligre passiert. Ein Novum war jedoch, dass wir einige unserer Erkenntnisse genauer erklärt haben und uns auf einen Austausch mit dem Hersteller eingelassen haben. Zu dieser Bereitschaft von unserer Seite hat sicher beigetragen, dass wir einerseits auf Messen gute Gespräche mit Vertretern von Ligre hatten, aber auch die erläuternden Gespräche zu Beginn des Tests transparent waren und uns die Eigenheiten der Maschine offen erklärt wurden. Wir waren auch offen, Feedback zu geben, weil wir das Potential der Ligre höher einschätzen, als jene Maschine, die heute auf unserem Testtisch steht.

Die Folgegespräche waren jedoch nicht dazu geneigt, dass wir einen anderen Eindruck von der Maschine und dem Potential haben, eher im Gegenteil. Eine Veränderung der Temperatureinstellung wurde uns gegenüber angekündigt. Wir hoffen, euch bald mitteilen zu können, ab welcher Seriennummer diese realisiert wird.

Das veröffentlichte Video wurde durch die Gespräche mit Ligre nicht beeinflusst, da es vorgängig aufgezeichnet wurde. Ligre hat auf der Basis der durch den Austausch gewonnenen Erkenntnisse begonnen, einzelne Aspekte seiner Online-Darstellung der Maschine zu verändern, was uns irritiert hat.

Als Konsequenz aus diesem Austauschprozess werden wir in Zukunft mit Herstellern nicht mehr ins Gespräch gehen und detaillierte Erkenntnisse und Teile unserer Testergebnisse nicht mehr teilen. Den Raum für Stellungnahmen werden wir selbstverständlich weiter ermöglichen, ohne von unserer Seite Details der Ergebnisse bekannt zu geben.

Unser Ziel bleibt es, durch transparente und nachvollziehbare Tests einen echten Mehrwert für die Kaffee-Community zu schaffen und die Weiterentwicklung von Produkten durch faire, fundierte Kritik zu begleiten. Wir freuen uns auf künftige Maschinen, die zeigen, wie sich Technik und Nutzerbedürfnisse noch besser in Einklang bringen lassen.

Benjamin Hohlmann
Benjamin Hohlmann
Benjamin Hohlmann ist Gründer der Kaffeemacher GmbH. Er war bis Ende 2016 neun Jahre teilhabender Geschäftsführer und Wirt im Kaffeehaus unternehmen mitte. Mit der Kaffeemacher-Akademie, dem Spezialitäten-Café frühling im Kleinbasel und dem Kaffee-Mobil hat er in Basel Massstäbe in Sachen Kaffee gesetzt. In den letzten Jahren sind zum Kaffeemacher-Universum die Kaffeefarm Santa Rita sowie unsere Rösterei hinzu gekommen. Benjamin ist Co-Geschäftsführer der Kaffeemacher verantwortlich für Finanzen, Strategisches und Öffentlichkeitsarbeit. Als Sensoriker und Berater unterstützt er ausserdem Unternehmen und Projekte. Er ist Dozent an der ZHAW Wädenswill im Bereich Kaffee und als Vortragsredner international im Einsatz.

4 Kommentare

Roland
Roland
Liebe Kaffeemacher,
wie immer ein ausführlicher, objektiver und sehr guter Test! Herzlichen Dank dafür! Aufgrund Design und Technik fand ich die Maschine zuerst sehr interessant. Ich habe die Maschine natürlich nicht getestet, sondern lediglich die Beschreibung auf der Homepage und Bedienungsanleitung gelesen. Dabei fiel mir auf, dass die Brühprofile nicht geändert werden können und die Einflussnahme darauf sehr begrenzt ist. Dadurch fiel diese Espressomaschine bei mir gleich durch. Mit eurem Test wurde meine Vermutung voll bestätigt.
Liebe Grüße Roland
Dieter
Dieter
Kurzer Nachtrag, weil ich nach nunc gesucht habe. Interessant, es gibt auch noch die Maro Model 1.
https://www.youtube.com/watch?v=r2eSa8kqERc
Wie die Marzocco in diese Reihe passt, erschließt sich mir nicht ganz. Bei den anderen sage ich, eint die Idee, eine vollständig mit Handy oder Display steuerbare Espressomaschine zu haben, also Computer, der Espressi brüht.
Dieter
Dieter
Finde beide sehr interessant, also Youn und nunc. Sind definitiv auf meiner Shortlist für eine zukünftige Maschine fürs Büro.
Die Hälfte stimmt aber nicht. Die Nunc kostet im Vorverkauf 2.499 € und später 3.299,00. Die Youn 4.000.
Würde mich aber auch sehr freuen, wenn die kaffeemacher beide Maschinen testen, wobei die nunc erst frühestens im Herbst ausgeliefert wird.
Roland
Roland
Hallo Benjamin,
mit einem Erfahrungsbericht kann ich leider nicht dienen. Ich habe jedoch ein ähnliches Design-Produkt aus Konstanz entdeckt. Kostet nur die Hälfte und so wie ich verstanden habe verfolgt es dieselbe Grundidee:

https://nunc.coffee/pages/nunc-espresso-machine

Vielleicht habt Ihr die Möglichkeit und Lust einen Vergleichstest durchzuführen.
Liebe Grüße Roland

Was denkst du?

Bock auf mehr Lesefutter?

Melde dich für unseren Newsletter an und erfahre direkt von neuen Kaffees, spannenden Blog-Artikeln und Specials. Du kannst dich jederzeit wieder abmelden (Datenschutz).

Probiere unsern Kaffee

Willst du den Kaffee aus unseren Videos probieren? Hier geht es direkt zur Bestellmöglichkeit in Deutschland, der Schweiz und Österreich und der EU.
Deutschland + EUSchweiz

Kaffeewissen

Auf der Suche nach Kaffee-Themen? Die maximale Übersicht findest du auf dieser Seite.
Alle Themenbereiche
join us!
Melde dich zu unserem Newsletter an

Keine Angst, wir spammen dich nicht zu.

© 2024 Kaffeemacher GmbH
powered by lots of good coffee