Eine neue Kaffeemaschine von Jura ergänzt nun den Markt. Es stellt sich jedoch die Frage, ob sie diesen auch bereichert. Die Meinungen dazu sind gespalten und es wird rege diskutiert. Wir haben die Jura Ono getestet und dabei sowohl Stärken als auch Schwachstellen identifiziert. Aber der Reihe nach.
Jura ist bekannt für seine Kaffeevollautomaten, die zur Klasse der Siebträgerkaffeemaschinen gehören. Bei diesen Maschinen fängt eine Brühgruppe das gemahlene Kaffeepulver auf und ein Einfuhrkolben verdichtet den Kaffee. Anschließend wird Brühwasser durch die Gruppe gepresst. Der Begriff "Vollautomat" bezieht sich auf das in der Kaffeemaschine integrierte Mahlwerk: Der Kaffee wird direkt in einen Auswurfschacht bzw. in die Brühgruppe gemahlen.
Genau diese Automatisierung fehlt jedoch bei der Jura Ono. Die Ono verzichtet bewusst auf das eingebaute Mahlwerk. Stattdessen wird das extern gemahlene Kaffeepulver direkt in den Schacht gegeben, mit einem Drehhebel verdichtet und anschließend der Brühvorgang ausgelöst.
Die Jura Ono ist somit eine Siebträgerkaffeemaschine ohne eingebautes Mahlwerk. Dies ist nicht nur für Jura ungewöhnlich. Doch was hat den Schweizer Hersteller aus Niederbuchsiten dazu veranlasst, eine solche Kaffeemaschine auf den Markt zu bringen?
Jura positioniert diese Maschine in einem interessanten Spannungsfeld. Einerseits verspricht der Werbeslogan “Eine Tasse, Keine Kapsel” eine Alternative zum Kapselkaffee. Andererseits will die Jura Ono “bewusste Barista-Momente” schaffen. Kapselkaffee und Barista-Attitude scheinen auf den ersten Blick unvereinbar weit auseinander. Doch bei genauerer Betrachtung bewegt sich Jura mit der Ono weg vom Kaffeevollautomaten und einen Schritt in beide Richtungen.
In den letzten Jahren haben wir die Kapselmaschine als Brückenkaffeemaschine schätzen gelernt. Das mag zunächst abwegig klingen, hat aber einen bestimmten Grund. Kapselkaffee hat für viele Kaffeetrinker zum ersten Mal sicht- und schmeckbar gemacht, dass es starke sensorische Unterschiede zwischen den Kaffeesorten gibt.
Die farblich unterschiedlichen Kapseln haben in Büros und Küchen bereits optisch Vielfalt in das Kaffeespiel gebracht, portionenweise von Orange zu Schwarz, von italienischem Espresso-Blend zum äthiopischen Single Origin. Keine Espressomaschine und kein Vollautomat konnte das so fliegend wie die Kapsel.
Die Kapsel wurde zu einer Übergangskaffeemaschine zum Siebträger. Wer einmal die Vielfalt von Kaffee erkannt hatte, wollte das Potential in Gänze entlocken. Es folgte der Schritt zum Siebträger.
Vor einigen Jahren konnte man bei uns Kapselkaffeemaschinen gegen Home Barista Kurse tauschen. Eine ziemlich erfolgreiche Aktion.
Die Jura Ono präsentiert sich als halber Weg hin zum Siebträger. Sie benötigt eine externe Mühle. Vorgemahlener Kaffee würde auch funktionieren, aber dann würden wir eher empfehlen, beim Kapselkaffee zu bleiben. Mit einer ordentlichen Espressomühle, im Idealfall sogar einer Single-Dosing-Mühle, eröffnet die Jura Ono interessante Möglichkeiten.
Single Dosing Mühlen, sind Kaffeemühlen, die das Mahlen von einzelnen Portionen unterstützen. Sie haben wenig Totraum, als Rückstand von altem Kaffeepulver. Es wird vorgängig die gewünschte Menge abgewogen und diese präzise und Mahlgradgenau gemahlen. Eine solche Mühle, ist der perfekte Partner für die Jura Ono.
Dieses Zusammenspiel macht die Arbeit mit der Ono zu einem Vergnügen. Kaffee mahlen, Kaffee extrahieren, zum entkoffeinierten Kaffee wechseln und wieder zurück. Wunderbar! Wäre da nicht das Problem, dass der Espresso nicht besonders gut schmeckt. Tatsächlich hält der halbe Barista-Weg an der falschen Stelle an. Das Abmessen und der direkte Kontakt mit dem Mahlgut ist schön. Doch das Wichtigste bei der Zubereitung von gutem Espresso beginnt nach der richtigen Mahlgradwahl: Die gleichmäßige Verteilung des Mahlgutes im Siebträger und das anschließende Tampen.
Genau das macht die Jura Ono nicht gut. Sie macht es nicht gut, wie alle Kaffeevollautomaten mit Kolbenbrühgruppe. Das Mahlgut liegt plump im Mahlschacht und weist zahlreiche Unebenheiten auf. Der Drehstampfer der Ono gibt uns zwar das Gefühl, dass wir Tampen würden, bereitet aber das Mahlgut nicht richtig vor. Dadurch pressen wir die Unebenheiten an und provozieren starkes Channeling, das die spätere Extraktion geschmacklich beeinflusst.
Channeling ist eine Kanalbildung, bei der das Brühwasser den Weg des geringsten Widerstandes sucht und durch Kanäle im Mahlgut gleitet, anstatt gleichmäßig zu extrahieren. Genau dieses Problem tritt fast bei allen Vollautomaten auf, und der Grund dafür ist die unzureichende Verteilung und Verdichtung des Mahlguts. Und genau dieses Problem tritt auch bei der Jura Ono auf.
Nun könnten wir sagen: Gut, das haben alle Kaffeevollautomaten gemeinsam. Aber wenn Jura Barista-Momente verspricht, frage ich mich, warum der Barista nicht genau das übernehmen darf, was er besser kann als der Vollautomat.
Aber wie schmeckt das Ergebnis nun? Der Espresso aus der Jura ist nicht gut. Die Brühtemperatur liegt laut unseren Messungen im Sollbereich. Es ist schwierig, die Temperatur von vollautomatischen Kaffeemaschinen genau zu messen. Wir haben eine Sonde im Mahlgut platziert und im Zusammenspiel von Wasser und Kaffeepulver einen durchschnittlichen Messwert von 84 Grad Celsius erhalten. Das deutet auf eine Temperatur im Sollbereich von 90 - 95 Grad hin.
Der Espresso kann im Vergleich mit Espressomaschinen wie der Delonghi Dedica oder der Gaggia Classic nicht mithalten.
Bei längeren Getränken, wie dem Café crème, hat die Jura durchschnittlich in der Blindverkostung bessere Ergebnisse geliefert, als die Siebträgerespressomaschinen. Das ist nicht verwunderlich, da Siebträgerespressomaschinen hier nicht ihre Stärke haben und außerdem, durch die Verwendung einer größeren Wassermenge, Kanalbildung weniger stark ausgeprägt ist.
Auffällig war, dass alle Getränke in der Tasse nicht sehr heiß waren. Das scheint aber weniger an der Brühtemperatur, als an dem langen Weg des Brühkaffees von der Brühgruppe bis in die Tasse zu liegen. Der Kaffee kühlt hier merklich ab, wie auch Arne Preuss im Test von Coffeeness feststellt.
Ich bin offen für alle Arten von Kaffeemaschinen und beschäftige mich sowohl beruflich als auch zwangsläufig privat mit allen Modellen. Mit Kaffeevollautomaten habe ich vornehmlich ein Problem: Sie sind oft nicht sauber. Auch wenn ausgeklügelte Reinigungsautomatiken vorhanden sind, die "Wahrheit ist auch hier auf dem Platz." Und dort ist es leider oft schimmelig, ranzig, abgestanden, feuchtfröhlich und von Sporen durchzogen.
Nicht so bei der Jura Ono. Natürlich müssen wir immer noch selbst reinigen, aber es ist so einfach. Ein Griff zum Drehgriff, auf Position 12 ziehen und schon ist die Jura Ono offen und bereit, an den wichtigsten Stellen gereinigt zu werden. Das gefällt mir!
Wir haben die Jura Ono in der Schweiz zu Preisen zwischen 320 und 350 Franken gesehen. In Deutschland und Österreich kostet sie in etwa dasselbe in Euro. Das ist viel Geld für eine Kolbenkaffeemaschine aus Kunststoff und ohne Mühle. Wir werden im Fazit darüber sprechen, für wen diese Investition trotzdem sinnvoll sein könnte.
Herausragend ist der niedrige Energieverbrauch des kleinen verbauten Thermoblocks. Hier kann sich die Jura Ono mit den Besten in der Branche messen, nämlich den Kapselkaffeemaschinen. Es wird nur das für die Brühung notwendige Wasser erwärmt. So verbrauchen wir bei der Zubereitung eines Lungos 0,009 kWh und bei der Zubereitung eines Espressos gerade einmal 0,0115 kWh. Das ist rekordverdächtig!
Ich sehe einen klaren Anwendungsfall für die Jura Ono. Sie ist besonders empfehlenswert für Kaficionados, die gerne längere Kaffeegetränke wie Schümli, Lungo, Café crème oder verlängerten Kaffee genießen. Wenn bereits eine gute Kaffeemühle vorhanden ist, könnte die Jura Ono eine interessante Option sein. Die langen Kaffees schmecken ausgezeichnet, und die Möglichkeit, den Kaffee zu wechseln, ohne die Bohnen aus dem Bohnenbehälter des Automaten entfernen zu müssen, ist ein großer Pluspunkt.
Auch unter hygienischen Gesichtspunkten schätze ich die Trennung von Mühle und Maschine. Viele Kaffeevollautomaten ähneln im Inneren Feuchtgebieten mit ausgeprägter Schimmelbildung. Altes und neues Kaffeepulver, Sporen und die Spuren der Zeit pflegen in Kolbenkaffeemaschinen ein Eigenleben. Dies ist bei der Jura Ono nicht der Fall. Neben der Trennung von Mühle und Maschine ermöglicht es die einfache Reinigung der Maschine, Schimmelbildung zu vermeiden. Mit einer Drehung und in einem Griff gelangen wir an den Kaffeeschacht und die Brühgruppe. Das ist geradezu revolutionär für Jura, die sonst alles tun, um zu verhindern, dass Kunden das Innere ihrer Maschine erreichen.
Die Jura Ono eignet sich jedoch weniger für diejenigen, die wirklich Espresso bevorzugen oder "Barista-Momente" erleben möchten. Was die Jura Ono uns nicht erlaubt, nämlich das Verteilen und Verdichten mit dem Tamper, ist nicht kompliziert, macht Spaß, bietet diese Barista-Momente und garantiert einen besseren Espresso als die Jura Ono.
Durch die Möglichkeit, die Kaffeemenge selbst zu wählen und das Brühverhältnis zu definieren, schlägt die Jura Ono jedoch eine Brücke zwischen Vollautomaten und Siebträgermaschinen. Dies macht Sinn, bringt Freude und ermöglicht es, mit verschiedenen Brührezepten zu experimentieren.
Herausragend gering ist der Energieverbrauch der Jura Ono, da nur das für die Brühung notwendige Wasser erhitzt wird. Dies hebt die Maschine gegenüber allen Maschinen mit Kessel hervor.
Ich sehe noch einen weiteren Anwendungsfall für die Jura Ono. Die Maschine hebt sich von allen Kategorien ab, ermöglicht manuelle Zubereitungsschritte, bietet Raum für die Auswahl des Kaffees und die Definition des Getränks. Sie ist keine Kapselkaffeemaschine und auch kein Vollautomat, sondern eher eine Annäherung an die Espressomaschine. Ich kann mir vorstellen, wie diese Maschine in einer Küche steht und eine leidenschaftliche Gastgeberin oder ein angehender Home Barista über Kaffee spricht, die Vorzüge der Maschine lobt und Gastfreundschaft zelebriert.
Die Jura Ono könnte auch eine interessante Kaffeemaschine für alle sein, die gewisse Automatisierungsvorteile schätzen und sich dennoch von der Masse der Kaffeemaschinen durch eine andere Maschinenart abheben möchten. Das Konzept der Jura Ono ist einzigartig und wird wahrscheinlich nicht zu einer großen Marktdurchdringung als Maschinentyp führen. Deshalb wird die Maschine vorerst auch ein einzigartiger Farbtupfer in Küchen und Wohnzimmern bleiben. Sie bietet eine interessante Alternative für diejenigen, die auf der Suche nach etwas Besonderem sind und sich von der Norm abheben möchten.
Keine Angst, wir spammen dich nicht zu.
8 Kommentare
Hi Alexander,
Ich benutze die Maschine tatsächlich die halbe Zeit auch für eine Tasse Kaffee (Cafe Crema). Verwende dabei 8 Gramm Kaffeepulver für 125 g Kaffee in der Tasse.
Den Kaffee mahle ich ziemlich grob, ebenfalls mit der Niche Mühle, ungefähr im Bereich wie für einen Hario Handfilter (bei meiner Niche Mahlstufe 45 - 50, abhängig vom Kaffee). Muss man sich etwas dran tasten.
Bin mit dem Ergebnis recht zufrieden. Der Kaffee ist nicht ganz so „weich“, wie beim Papierfilter. Für 1-2 Tassen aber echt gut. Die Maschine ist eh nahe am Vollautomaten. Die Pucks schauen natürlich dann nicht so toll aus und zerfallen auch im Tresterbehälter (davon aber nicht irritieren lassen).
Wenn man gutes Pulver rein kippt, kommt auch guter Kaffee raus. Verwende dafür Filterkaffee (meist mind. 80 bis 100% Arabica) von den Röstern meines Vertrauens :)
Auch hier ganz wichtig, das Pulver nach dem einfüllen möglichst auf eine gleichmässige Höhe verrühren. Durch den groben Mahlgrad ist das Channeling kein großes Problem, der Puck sollte aber trotzdem immer möglichst überall die selbe Höhe haben, damit jede Tasse gleich schmeckt.
Schöne Grüße
Thomas
PS: Sorry für die späte Antwort
Vielen Dank für dein - wie immer - informativen und unterhaltsamen Testvideo der Jura Ono. Ich verwende die Ono inzwischen seit gut 8 Wochen, ebenfalls in der Kombination mit einer Niche Mühle. Ich hab tatsächlich die selben Erfahrungen (Handhabung, Reinigung, Verarbeitung, …) wie du gemacht. Kaffee „Lungo“ klappt gut, aber der „Espresso“ hat seine Eigenheiten.
Anmerkungen zum Espresso:
Es ist fast unmöglich das Channeling in den Griff zu bekommen, da das Kaffeepulver sich immer an einer Seite sammelt. Daher verrühre ich das Pulver nach dem Einfüllen immer (mit einem Rührstab oder dem Kaffeelöffel Stiel) um es gleichmässig in der Brühkammer zu verteilen. Ist auch effektiver als die Maschine zu schütteln ;-)
Auch scheint die Maschine mit der angegebenen Maximalmenge von 14g Kaffeepulver Probleme zu haben. Am besten man bleibt unter 12g.
Ich verwende aktuell 10g mit einem Brühverhältnis von 1:3. Mit meinen Espresso-Bohnen (33% Robusta), von einem lokalen Röster, bekomm ich damit ein ganz gutes Ergebnis. Bei 100% Arabica ist der Sweet-Spot aber fast nicht zu treffen.
Temperatur-Verlust:
Da die Maschine weder Tassen mit einer Heizplatte, noch mit heißem Wasser vorheizen kann, verwende ich inzwischen nur noch doppelwandige Glastassen. Damit kühlt er beim beziehen kaum ab und ist immer noch sehr heiß beim trinken.
Tatsächlich hab ich im Moment meine Siebträgermaschine in den Keller verfrachtet und durch die Ono ersetzt. Das liegt aber an meinem speziellen Anwendungsfall. Ich hab tagsüber öfter die Möglichkeit kurz (5-10 Minuten) in meiner Privatwohnung vorbei zu schauen und mir einen Espresso zu genehmigen. Aber der Zeitaufwand für einen Espresso-Bezug im Siebträger steht dabei leider in keinem Verhältnis zum Aufwand. Alleine der Ablauf von aufheizen, Siebträger temperieren, mahlen, tampen, brühen, ausleeren, reinigen, usw. braucht schon fast 10 Minuten. Während die Ono aufheizt, mahl ich den Kaffee. Bezug läuft durch und ich hab nach 1,5 Minuten einen Espresso in der Hand und das war‘s. Reinigen erledige ich jeden zweiten Tag abends oder morgens.
Was ebenfalls für mich hilfreich ist, mein 10cm hoher Thermobecher passt unter den Auslauf und ich hab damit in kürzester Zeit einen super Kaffee to-go.
Man erreicht beim Espresso nicht die Qualität wie beim Bezug aus einer Siebträgermaschine, für mich ist das Ergebnis aber aufgrund der Zeitersparnis vollkommen akzeptabel.
Grüße in die Schweiz
Wie gut geling denn ein Cafe Crema mit einer Bezugsmenge von circa 120ml?
Wir trinken hauptsächlich Schümli bzw Cafe Crema und könnten uns diese Maschine durchaus vorstellen als Kompromiss zwischen einer Vollautomatischen- und einer Siebträgermaschine.
Was denkst du?