Wenn man einen köstlichen Espresso genießen möchte, denkt man nicht sofort an Stromverbrauch, Kilowattstunden oder den Standby-Modus. Doch in der Welt des Kaffees hat das Bewusstsein für Umweltfragen in den letzten Jahren erheblich zugenommen, und viele Verbraucher legen zunehmend Wert auf nachhaltige Produkte.
Wir als Kaffeemacher:innen haben bereits seit einigen Jahren den Stromverbrauch in unsere Maschinentests integriert. Um unsere Tests weiter zu verfeinern, haben wir mit Tobias, unserem Head of Sustainability, ein detaillierteres Strommessprotokoll entwickelt.
In diesem Blog möchten wir euch in Grundzügen erklären, wie wir den Stromverbrauch messen und wie sich verschiedene Espressomaschinensysteme hinsichtlich ihres Verbrauchs unterscheiden. Wir bemühen uns, nur die absolut notwendigen Fachbegriffe zu verwenden, damit auch Leser ohne elektrotechnische Vorkenntnisse folgen können.
Natürlich wollen wir nicht ständig über jede Kleinigkeit nachdenken. Wenn wir einen Espresso genießen, möchten wir dies mit gutem Gewissen tun, ohne an ein Atomkraftwerk denken zu müssen. Dennoch ist es sinnvoll, beim Kauf einer Espressomaschine auch den Stromverbrauch in die Pro- und Contra-Liste aufzunehmen.
Denn Kleinvieh macht auch Mist. Lasst uns ein kurzes Gedankenexperiment anstellen: In eurem Haushalt trinkt ihr morgens und nachmittags jeweils zwei Cappuccini. Es gibt Maschinen, die dafür etwa 0,42 kWh benötigen. Wenn ihr eure Maschine also ein Jahr lang nutzt, verbraucht ihr rund 150 kWh.
Verbraucht eure Maschine hingegen nur 0,18 kWh für die Zubereitung der Cappuccinos, reduziert sich euer jährlicher Energiebedarf auf 65 kWh. Das bedeutet eine Einsparung von 85 kWh pro Jahr – ganz einfach. Das entspricht ungefähr der Menge an Strom, die ein LED-TV braucht, wenn er das ganze Jahr läuft. https://www.enbw.com/blog/wohnen/energie-sparen/was-man-mit-1-kwh-so-alles-machen-kann-2/
Wenn wir annehmen, dass es nicht nur euch, sondern auch viele andere leidenschaftliche Cappuccino-Liebhaber gibt, steigen die Zahlen erheblich. Das Forum „Kaffee-Netz“ hat über 65.000 Mitglieder. Wenn jeder von ihnen jährlich 90 kWh einsparen würde, käme das auf insgesamt 4.225 Megawattstunden. Das entspricht der Menge an Strom, die ein Offshore-Windrad in einem halben Jahr produzieren kann. Und nicht jeder Besitzer einer Siebträgermaschine ist im Kaffee-Netz aktiv. Ihr seht also, der Stromverbrauch einer Maschine kann einen erheblichen Unterschied ausmachen.
Wir verwenden drei professionelle Strommessgeräte, den Christ CLM1000 Professional Plus. Warum gleich drei? Wenn uns ein Wert merkwürdig erscheint, können wir die Messungen mit einem anderen Gerät überprüfen. Diese Messgeräte bieten den Vorteil, dass sie bis zu einem Zehntel Watt genau messen, also auf 0,0001 kWh – das ist äußerst präzise!
Wir erfassen alle Werte in kWh. Diese Einheit wird auch in eurem Zählerkasten angezeigt, und ihr bezahlt euren Strom basierend auf dem Verbrauch pro Kilowattstunde (kWh).
In unserer Strommessung berücksichtigen wir auch die Aufheizzeit. Doch wie lange dauert es, bis eine Maschine tatsächlich betriebsbereit ist? Zunächst messen wir, wie lange es dauert, bis die Zieltemperatur von 92 °C für die erste Brühung im Siebträger erreicht wird. Um die Werte nicht zu verfälschen, verwenden wir immer eine kalte Maschine, das heißt, eine Maschine, die mindestens zehn Stunden außer Betrieb war. Zudem hat das eingefüllte Wasser stets eine Temperatur von 20-24 °C. Bei Thermoblockmaschinen dauert das Aufheizen beispielsweise nur wenige Minuten, während Dualboilermaschinen dafür bis zu 40 Minuten benötigen können.
Ist die Maschine auf Betriebstemperatur, machen wir einen Spühlshot, der den Siebträgers aufwärmt.
Nun kommen wir zur „Bezugsmessung“.
Um Espressobezüge zu simulieren, führen wir fünf Bezüge von jeweils 27 Sekunden durch. Zusätzlich gibt es einen sogenannten „Flush“ von 2 Sekunden, der das Säubern der Brühgruppe simuliert. Zwischen jedem Bezug lassen wir eine Pause von einer Minute um das Mahlen, Tampen und die weiteren Schritte zu simulieren.
Wenn die Maschine die Möglichkeit bietet, den Dampfboiler auszuschalten, führen wir die Energiemessung für Espresso zweimal durch: einmal mit eingeschaltetem und einmal mit deaktiviertem Dampfboiler.
Um den Stromverbrauch für einen Americano zu simulieren, haben wir nach dem Espressobezug jeweils immer 70 ml heißes Wasser bezogen.
Um den Cappuccino Bezug zu simulieren, haben wir nach jedem Espressobezug eine Menge von 300 Gramm Wasser von 6° C auf 60° C mit der Dampfdüse erwärmt. Hierbei simulieren wir das Aufschäumen des Milchschaumes, den ihr für einen Cappuccino braucht.
BereitsiIn älteren Videos haben wir häufig über ein “Kaffeeemacher-Protokoll” gesprochen, um den Energieverbrauch verschiedener Maschinen miteinander zu vergleichen. Dieses Protokoll beinhaltete eine Aufwärmphase von 25 Minuten, unabhängig vom Maschinentyp, gefolgt von fünf Espressobezügen mit jeweils einer Minute Pause dazwischen. Da wir bei diesem veralteten Protokoll die Aufheizzeit jeder Maschine nicht ermittelt haben, hatten Maschinen, die schnell warm werden, einen Nachteil. Selbst wenn sie nach nur 5 Minuten betriebsbereit wären, mussten sie dennoch 25 Minuten vor dem ersten Bezug laufen. Dies ist einer der Gründe, warum wir ein neues Protokoll entwickelt haben. Um jedoch eine Vergleichbarkeit mit den alten Videos zu gewährleisten, geben wir auch bei den neuen Maschinen die Werte im Rahmen des „Kaffeemacher-Protokolls“ an und zeigen im Artikel die Strom-Daten wie in folgender Tabelle.
Der größte Teil der verbrauchten Energie entfällt auf das Aufheizen von Wasser. Für die Zubereitung eines Espressos ist eine Brühtemperatur von etwa 92 °C erforderlich, was vom Heizsystem der Espressomaschine übernommen wird. Für Liebhaber von Milchgetränken wird zusätzlich Wasserdampf benötigt, der etwa 120 °C heiß ist.
Die Art und Weise, wie eine Maschine das Brüh- und Dampfwasser aufheizt, beeinflusst den Energieverbrauch erheblich. Eine Boilermaschine funktioniert anders als ein Dualboiler oder ein Thermoblock. Im Folgenden erläutern wir kurz die Unterschiede zwischen den Heizsystemen der verschiedenen Maschinentypen.
Boilermaschinen werden oft als „Einkreisermaschinen“ bezeichnet, wenn sie über einen einzigen Heizkreis verfügen. Zu den typischen Vertretern dieser Maschinenart zählen beispielsweise die Gaggia Classic und die Rancilio Silvia.
Einkreisermaschinen verfügen über einen kleinen Boiler, in dem das Wasser durch elektrische Heizelemente auf die gewünschte Temperatur erhitzt wird. Je nach Größe des Boilers, der häufig zwischen 0,3 und 0,5 Litern liegt, variiert der Energieverbrauch. Wenn ihr einen Cappuccino zubereiten möchtet, müsst ihr nach dem Bezug des Espressos den Boiler hochheizen, um die erforderliche Dampftemperatur zu erreichen. Dieser Vorgang dauert teilweise einige Minuten und erfordert zusätzlich Energie.
Vereinfacht ausgedrückt kann man eine Einkreisermaschine mit einem Wasserkocher vergleichen
Wie der Name „Dualboiler“ bereits andeutet, verfügen Maschinen dieses Typs über zwei separate Boiler. Der kleinere Boiler ist für das Brühwasser zuständig, während der größere für die Dampferzeugung verantwortlich ist. Sind beide Boiler aktiviert, müssen sie zunächst ihre Zieltemperatur erreicht haben, bevor ihr Espresso zubereiten könnt. Während der Betrieb läuft, wird die Temperatur in den Boilern durch Nachheizen konstant gehalten. Je nach Größe der Boiler kann der Stromverbrauch dabei erheblich sein. Die La Marzocco GS3 beispielsweise benötigt mit ihrem 1,5-Liter-Brühboiler und dem 3,5-Liter-Dampfboiler in der ersten Stunde ganze 0,6 kWh.
Dualboilermaschinen bieten vor allem Temperaturstabilität, oft auch unter Last und hohen Komfort, da das Schäumen und der Espressobezug gleichzeitig erfolgen können und die Temperatur präzise eingestellt werden kann. Allerdings sind sie hinsichtlich der Energieeffizienz recht stromintensiv. Vereinfacht gesagt, handelt es sich um zwei Wasserkocher, die gleichzeitig auf unterschiedlichen Temperaturen (hoch und sehr hoch) heizen. Je besser die Boiler isoliert sind, desto weniger Strom wird benötigt, um die Temperatur zu erreichen und aufrechtzuerhalten.
Anmerkung: Nachträgliches Isolieren ist keine Option, denn ohne Anpassungen in der Regelelektronik funktioniert die Temperatureinstellung nicht mehr zuverlässig. So könnt ihr zwar etwas Strom sparen, aber das auf Kosten des Geschmacks.
Zweikreisermaschinen verfügen über einen einzigen Boiler, der jedoch zwei separate Wasserkreisläufe bedient. Viele klassisch-italienische Espressomaschinen, die mit der Faema E61 Brühgruppe ausgestattet sind, nutzen diese Heiztechnik. Der Boiler ist für die Dampferzeugung verantwortlich und wird auf Temperaturen zwischen 120 und 130 °C aufgeheizt. Das Brühwasser wird aus dem Tank durch ein Rohr am Dampfboiler vorbeigeführt. Die Hitze des Dampfboilers erwärmt das Wasser im Rohr ähnlich wie bei einem Wärmetauscher. Dadurch wird das Brühwasser von 20 °C im Wassertank auf die gewünschten 92 °C in der Brühgruppe gebracht.
Obwohl nur ein Boiler auf Temperatur gebracht werden muss, verbrauchen die meisten Zweikreisermaschinen dennoch viel Energie, da der Dampfboiler konstant auf einer sehr hohen Temperatur gehalten werden muss.
Thermoblockmaschinen und Dickfilmheizer stellen interessante Alternative dar. Anstatt einen gesamten Boiler auf eine Zieltemperatur zu bringen, wird ein Aluminiumblock oder eine dünne Metallplatte erhitzt. Das Wasser aus dem Tank fließt durch Rohre in der jeweiligen Einheit, die unmittelbar beheizt wird. Beim Dickfilmheizer muss noch weniger Masse aufgeheizt werden, als beim Thermoblock.
Da das Wasser erst beim Bezug erhitzt wird, ist die Aufheizzeit der Maschine deutlich kürzer als bei den verschiedenen Boiler-Maschinen. Die Zuriga E2 ist beispielsweise mit einem Dickfilmheizer ausgerüstet, und bereits nach nur zwei Minuten einsatzbereit. Das ist äußerst schnell und zudem sehr energieeffizient. Auch eine Ascaso Steel Duo PID, die mit Thermoblock ausgestattet ist, ist unter zehn Minuten auf Temperatur.
Je nach Konzept der Maschine muss der Thermoblock oder Dickfilmheizer für die Dampftemperatur aufgeheizt werden. Es gibt jedoch auch Modelle mit zwei separaten Thermoblocks oder Dickfilmheizern, einen für die Brüh- und einen für die Dampftemperatur.
Es gibt Espressomaschinen, die verschiedene Heizsysteme kombinieren. Der Vollständigkeit halber möchten wir diese Kategorie von Espressomaschinen erwähnen, auch wenn sie nicht sehr zahlreich sind.
Die Ascaso Baby T verfügt beispielsweise über einen Dampfboiler und einen Thermoblock für die Brühtemperatur. Da viele Thermoblockmaschinen nicht die gleiche Dampfleistung bieten wie Dualboiler- oder Zweikreisermaschinen, verfolgt Ascaso mit der Baby T eine Hybridlösung, um Energieeffizienz und Leistung zu vereinen.
In unserem ausführlichen Blogbeitrag zur Leistungsmessung aktualisieren wir stetig eine Liste mit den Strommessungen aller unserer getesteten Maschinen.
Wer sich die Liste ansieht, erkennt schnell, dass Thermoblockmaschinen und vor allem Dickfilmheizer im Allgemeinen deutlich energieeffizienter sind als Boilermaschinen.
Energieeffizienz ist jedoch bei weitem nicht das einzige Kriterium für eine gute Espressomaschine. Faktoren wie Temperaturkonstanz, Programmierbarkeit, Dampfleistung, Bedienkomfort, Design und viele weitere Aspekte spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Kaufentscheidung für eine Maschine.
Haben wir also das Ende der Dualboiler- bzw. Zweikreiser-Ära erreicht, wie wir es in unserem Video angeteasert haben? Ja, das könnte in den kommenden Jahren zunehmend der Fall sein. Moderne Espressomaschinen zeichnen sich durch eine hohe Temperaturstabilität aus und lassen sich äußerst präzise einstellen. Daher sind wir gespannt auf die Entwicklungen, die noch bevorstehen.
Schließlich steht die Energieeffizienz in direktem Zusammenhang mit der Aufheizzeit. Wer möchte nicht eine Maschine, die bereits nach wenigen Minuten einsatzbereit ist, anstatt eine Dreiviertelstunde warten zu müssen, um einen Espresso zuzubereiten?
Sollten jetzt alle von ihren Boilermaschinen auf Thermoblockmaschinen umsteigen? Ein ganz klares Nein! Die Herstellung einer Maschine und die dafür benötigten Rohstoffe (Edelstahl, Kabel, Schläuche, Elektronik) sind weitaus energieintensiver als ihr Betrieb. Wer also eine Zweikreisermaschine besitzt, die noch mindestens 10 Jahre ohne größere Probleme funktioniert, sollte sie auf jeden Fall weiterhin nutzen!
Schließlich gilt: 1. Je weniger wir neu kaufen, desto mehr Ressourcen werden gespart. 2. Langlebigkeit und die Reparatur von Maschinen tragen ebenfalls zur Ressourcenschonung bei. Wer jedoch darüber nachdenkt, sich eine neue Maschine anzuschaffen und dabei Wert auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit legt, sollte unsere Leistungsmessungen sorgfältig prüfen und in seine Kaufentscheidung einfließen lassen.
Keine Angst, wir spammen dich nicht zu.
1 Kommentar
Nun sollten sie diesen Gedanken auch bei ihren Tests berücksichtigen.
Die Verwendung von Apps zur Steuerung einer Espressomaschine ist meiner Meinung nach ein großes Risiko. Was bleibt z.B. von einer 5000€ Maschine wie der Maro Model 1 übrig, wenn die App nicht mehr funktioniert?
Das Umweltbundesamt stellt hier z.B. Mindestanforderungen auf. Es wäre toll, wenn ihr diese Fragen beim Testen berücksichtigen könntet.
https://www.umweltbundesamt.de/themen/digitalisierung/gruene-informationstechnik-green-it/software/risiko-fuer-vernetzte-geraete-software-obsoleszenz#software-kann-intakte-gerate-schneller-unbrauchbar-machen
Hier ein paar Beispiele, wie der Support von Apps für ein Produkt ein Risiko für die langfristige Nutzung sein kann:
https://www.golem.de/news/liebherr-deaktiviert-hngry-app-kuehlschrankkamera-hngrynsite-wird-zu-elektroschrott-2502-193647.html
https://www.heise.de/news/Gigaset-Ende-fuer-das-Smart-Home-Care-Geschaeft-9666124.html
Was denkst du?