Der Anpressdruck beim Tampen hat einen geringen Einfluss auf die Extraktion des Espressos. Diese Erkenntnis aus der täglichen Praxis wollten wir wissenschaftlich belegen. Zu diesem Zweck haben wir uns mit Unterstützung eines Lebensmitteltechnologen an die Arbeit begeben und 150 Espressi extrahiert, gemessen und den Tampdruck variiert. In diesem Artikel präsentieren wir euch die Ergebnisse.
Tampen ist das Anpressen des gemahlenen Kaffeepulvers im Siebträger. Zum „Tampen“ oder „Tampern“ wird ein Tamper verwendet, der aus einem Haltegriff und einer Metallbasis besteht, welche wie ein Kolben in den Siebträger gepresst wird. Die Metallbasis entspricht dem Innendurchmesser des Siebs. Ist der Abstand zwischen Siebwand und Tamperdurchmesser zu groß, wird ein Teil des Kaffeepulvers nicht ausreichend angepresst.
Durch das Anpressen des Mahlgutes wird eine gleichmäßige Wasserverteilung ermöglicht. Das Brühwasser sollte an allen Kontaktstellen die gleiche Widerstandsfähigkeit der Mahlgutoberfläche vorfinden. Ist das Mahlgut an Stellen zu wenig verdichtet oder befinden sich Lufteinschlüsse unterhalb der Anpressstelle, besteht die Gefahr von Channeling. Durch sorgfältige Vorbereitung des Mahlgutes, vertikales Verdichten und gleichmäßiges Tampen kann das verhindert werden.
Anleitung: Espresso Schritt für Schritt zubereiten (Artikel und Videos).
Drei klassische Tamper mit einem 58mm Durchmesser.
Untersucht wurden zwei Teilaspekte. Zum einen wollten wir herausfinden, ob eine veränderter Anpressdruck beim Tampen die Auslaufzeit beeinflusst. Als zweites wurde untersucht, ob der Anpressdruck eine Auswirkung auf die Extraktionsausbeute und mithin auf die Konzentration der gelösten Kaffeeteilchen in der Tasse hat.
Um ein möglichst präzises Ergebnis zu erhalten, wurden Arbeitsschritte und Methodik genau festgelegt.
Material
Rancilio Specialty, Gastronomie-Espressomaschine mit präzisem Flowmeter. Jeder Espressobezug wurde jedoch mit der Acai Luna nachgemessen.
Etzinger etzMax, Espressomühle mit integrierter Waage. Alle Mahlungen wurden jedoch nachgewogen und bei einer Abweichung wiederholt (siehe Methodik).
Puqpress, automatische Tampmaschinen für den gastronomischen Einsatz. Tampdruck varriebar.
VST Refraktometer, zur Messung TDS in Prozent, also die Konzentration der gelösten Teilchen im Getränk im Verhältnis zu Wasser.
VST Spritzenvorsatzfilter, um Feststoffe aus Kaffeelösung zu filtern und nur die gelösten Teilchen mit dem Refraktometer zu messen.
VST Spritze
Etzmax Espressomühle und Puqpress
Die Espressomühle wird auf eine Ausgabe von 18,5 g eingestellt. Verwendet werden Mahlergebnisse von 18,4 g bis 18,6 g.
Die Rancilio Specialty Espresso-Maschine wird auf eine Ausgabe-Wassermenge von 45 ml und eine Brühtemperatur von 93 °C programmiert.
Die entsprechende Kaffeemenge wird direkt in den Siebträger gemahlen. Im Anschluss wird der Kaffee mit den Fingern gelevelt und mit der Puqpress getampt. Der Siebträger wird in die Maschine eingespannt und die Extraktion gestartet.
Dabei wird die Menge in der Espresso-Tasse mit der Waage gemessen. Nach der Extraktion wird der Siebträger ausgespannt und ausgekloppft.
An der Espressomaschine wird ein Spülshot gezogen.
Nach der Extraktion werden die Espressi zum Abkühlen abgestellt. Nach dem Erkalten wird umgerührt und der TDS-Wert mit dem Refraktometer gemessen.
Dabei wird der Espresso mit der Spritze über den Spritzenvorsatzfilter in das Refraktometer gegeben.
Dieser Durchlauf wird für die Tampdrücke 10 kg, 15 kg, 20 kg jeweils 50 mal wiederholt.
Die Auswertung der Daten erfolgt bei der Durchlaufzeit und dem TDS-Werten mittels einer einfaktoriellen ANOVA mit einer festgelegten Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %.
Bei der Varianzanalyse der Durchlaufzeit konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Mit anderen Worten: egal ob mit 10 kg, 15kg oder 20kg angepresst wurde, bei unseren Messungen variierten die Ergebnisse nicht auffällig aufgrund des Pressdrucks.
Auswirkung des Tampdrucks auf Extraktionszeit.
10 kg Druck | 15 kg Druck | 20 kg Druck |
26 | 20 | 27 |
21 | 23 | 25 |
23 | 26 | 29 |
24 | 27 | 28 |
23 | 25 | 24 |
24 | 26 | 27 |
25 | 26 | 23 |
24 | 29 | 25 |
26 | 20 | 26 |
31 | 24 | 27 |
25 | 23 | 25 |
24 | 23 | 21 |
25 | 22 | 26 |
27 | 23 | 21 |
24 | 30 | 24 |
24 | 24 | 21 |
25 | 22 | 24 |
27 | 21 | 25 |
23 | 21 | 28 |
31 | 24 | 22 |
25 | 24 | 22 |
24 | 25 | 24 |
22 | 30 | 23 |
27 | 20 | 25 |
22 | 21 | 22 |
25 | 23 | 25 |
25 | 21 | 21 |
24 | 21 | 22 |
24 | 27 | 21 |
23 | 22 | 24 |
27 | 23 | 22 |
21 | 22 | 30 |
24 | 24 | 21 |
25 | 21 | 25 |
24 | 25 | 29 |
25 | 24 | 26 |
23 | 24 | 23 |
23 | 23 | 24 |
23 | 23 | 24 |
22 | 23 | 23 |
21 | 22 | 24 |
26 | 24 | 26 |
23 | 25 | 24 |
25 | 22 | 20 |
24 | 23 | 27 |
20 | 23 | 22 |
24 | 26 | 25 |
24 | 22 | 26 |
22 | 21 | 22 |
23 | 24 | 20 |
Groups | Count | Sum | Average | Variance |
Column 1 | 50 | 1212 | 24,24 | 4,51265306 |
Column 2 | 50 | 1177 | 23,54 | 5,60040816 |
Column 3 | 50 | 1210 | 24,2 | 6,08163265 |
Source of Variation | SS | df | MS | F | P-value | F crit |
Between Groups | 15,4533333 | 2 | 7,72666667 | 1,43133301 | 0,242301 | 3,05762065 |
Within Groups | 793,54 | 147 | 5,39823129 | |||
Total | 808,993333 | 149 |
Fk(0,05) | 3,05762065 |
Die Prüfgröße F ist kleiner als der kritische F-Wert, somit liegt kein signifikantes Ergebnis vor. Der tatsächliche P-Wert überschreitet die festgelegte Irrtumswahrscheinlichkeit von 5%. Somit lässt sich zwischen den Gruppen kein signifikanter Unterschied feststellen.
Auch bei der Varianzanalyse der TDS-Werte kann kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Die Konzentration der gelösten Kaffeeteilchen wurde durch unterschiedlichen Anpressdruck nicht wesentlich beeinflusst.
Auswirkung des Tampdrucks auf Konzentration gelöster Teilchen.
10 kg Anpressen | 15 kg Anpresse | 20 kg Anpressen |
8,53 | 7,77 | 8,15 |
7,99 | 7,94 | 8,15 |
8,03 | 8,02 | 8,16 |
8,13 | 8,03 | 8,27 |
8,01 | 8,08 | 8,2 |
8,01 | 8,06 | 8,08 |
8,1 | 8,07 | 8,08 |
8,05 | 8,26 | 8,01 |
8,2 | 8,12 | 7,96 |
8,24 | 7,96 | 8,03 |
8,17 | 7,98 | 7,99 |
8,15 | 7,99 | 8,03 |
7,91 | 7,85 | 8,11 |
8,09 | 8,02 | 8,02 |
8,09 | 8,88 | 8,02 |
8,09 | 8,12 | 8,01 |
8,11 | 8,11 | 7,93 |
8,15 | 7,99 | 8,04 |
7,96 | 7,99 | 8,04 |
8,3 | 8,05 | 7,99 |
8,25 | 8,15 | 7,99 |
7,99 | 8,2 | 8 |
8,07 | 8,28 | 7,99 |
7,99 | 7,81 | 8 |
7,81 | 7,84 | 7,97 |
7,8 | 7,92 | 8,01 |
7,93 | 7,9 | 8,01 |
7,94 | 7,87 | 7,66 |
7,86 | 7,97 | 7,8 |
7,93 | 7,88 | 7,89 |
8,06 | 8,02 | 7,99 |
8,08 | 8,02 | 8,02 |
7,99 | 7,95 | 7,92 |
8,04 | 7,7 | 7,99 |
8,05 | 7,89 | * |
8,13 | 8,01 | * |
8,2 | 8,11 | * |
8,19 | 7,95 | 7,91 |
7,98 | 8,02 | 7,96 |
7,94 | 8,07 | 7,7 |
7,82 | 7,94 | 8,01 |
8,08 | 8,04 | 8,08 |
8,08 | 8,05 | 7,92 |
8,07 | 7,96 | 7,83 |
8,06 | 7,97 | 8,03 |
7,88 | 7,78 | 7,97 |
7,88 | 8,01 | 7,97 |
7,93 | 7,81 | 7,91 |
7,97 | 7,73 | 7,65 |
7,96 | 7,85 | 7,69 |
TDS Werte. *bei diesen Feldern fehlen Messwerte
Groups | Count | Sum | Average | Variance |
Column 1 | 50 | 402,27 | 8,0454 | 0,01824167 |
Column 2 | 50 | 399,99 | 7,9998 | 0,03163465 |
Column 3 | 47 | 375,14 | 7,98170213 | 0,01635356 |
Source of Variation | SS | df | MS | F | P-value | F crit |
Between Groups | 0,10546284 | 2 | 0,05273142 | 2,37573217 | 0,0965805 | 3,058928 |
Within Groups | 3,19620383 | 144 | 0,02219586 | |||
Total | 3,30166667 | 146 |
Fk 0,05 | 3,058928 |
Fk 0,1 | 2,33979948 |
Die Prüfgröße F ist kleiner als der kritische F-Wert, somit liegt kein signifikantes Ergebnis vor. Der tatsächliche P-Wert überschreitet die festgelegte Irrtumswahrscheinlichkeit von 5%. Somit lässt sich zwischen den Gruppen kein signifikanter Unterschied feststellen.
Die Rohdaten und weitere Informationen können dem Excel Sheet entnommen werden. Solltet ihr weitere interessante Erkenntnisse entnehmen können, sind wir gespannt auf die Ergebnisse.
Ergebnisse-Tampingprojekt Herunterladen
Bei der Analyse der Daten zeigte sich zwischen folgenden Datensätzen eine lineare Korrelation zwischen der Extraktionszeit und den ermittelten TDS-Werten, welche mit dem Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson bestimmt wurde:
wobei: |r|= 1 -> perfekt lineare Korrelation
|r|= 0 -> keine lineare Korrelation
Im Rahmen des vorliegenden Testes wurde der Geschmack des Espressos nicht untersucht. Deshalb kann auch keine Aussage dazu gemacht werden. Wir interpretieren im Sinne der Erkenntnisse des Tests jedoch, dass ein variierender Anpressdruck in dem von uns untersuchten Bereich keinen oder wenn nur marginalen Einfluss auf den Geschmack hat.
Auch können wir aufgrund unseres Testes keine Aussage machen, wie sich ein geringerer Druck als 10 Kilogramm auf die Extraktion auswirkt. Aus Untersuchungen und von Partnern und der eigenen Erfahrung empfehlen wir, mindestens mit 6 Kilogramm Pressdruck zu Tampen.
Bei der Untersuchung der Frage ob der Tampdruck die Extraktionszeit der Espressi beeinflusst, konnte kein Einfluss nachgewießen werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass kein Einfluss existiert, sondern nur, dass in dem verwendeten Testmodel kein Einfluss nachgewießen wurde. Zu den Störgrößen zählen beispielsweise die Ungenauigkeiten bei der Zubereitung und die unzeireichende Genauigkeit der verwendeten Untersuchungsmaschinen.
Bei den verwendeten Geräten handelt es sich um Equipment welches für den professionellen Einsatz in der Gastronomie konstruiert wurde und nicht um präzises Laborequipment.
Jedoch zeigen sich in der Praxis weitaus größere Störfaktoren bei der Zubereitung eines Espressos, als im verwendeten Versuchsablauf.
Somit ist in der Praxis nicht von einem großen Einfluss des Tampdrucks auf die Extraktion auszugehen, da es eine Vielzahl von inkonstanten Parametern auf den Extraktionsprozess gibt. Bei diesem stellt der Tampdruck lediglich einen Parameter von vielen dar.
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Der Tampingtest wurde von Michel Aeschbacher in Zusammenarbeit mit einem Lebensmitteltechnologen durchgeführt, der namentlich nicht genannt werden möchte. Unser Dank ist dir gewiss!
Für weitere Forschungspartnerschaften sind wir offen und mit unserem Material und unserer Expertise gerne bereit, Erkenntnisse rund um das Thema Kaffee zu erarbeiten.
Keine Angst, wir spammen dich nicht zu.
6 Kommentare
. Meine Frage: mit wieviel Druck habt ihr diese getestet?
Im Moment verwende ich ein 2er-Sieb mit 14Gramm. 28sek 94grad 9bar 40ml Espresso. Ist lecker, aber gegen Ende kein Möuseschwänzchen mehr… liegd das am Druck oder zu wenig kaffee?
Freu mich schon auf eure nächsten Videos!
LG Wolfram
der Test ist superinteressant!
Es macht wirklich immer Spaß eure Videos zu gucken. Dabei liebe ich es zu hören wie das Relais meiner Maschine im Hintergrund klickt.
Würde es euch was ausmachen, die Rohdaten der Untersuchung zur Verfügung zustellen? Ich würde sie gern nutzen, um meine persönliche Neugier zu stillen...
Gruß
Patrick
Zum Thema Tampen bleibt bei mir noch eine Frage offen: Auf der Matte oder in der Station? Oder ist das völlig egal? Bei mir geht es speziell um die Lelit Mara X, deren Siebträger ich zumindest nicht an der Tischkante tampen kann.
Was denkst du?