Kaffee-Extraktion – eine Überprüfung verschiedener Parameter und ihres Einflusses auf den physiochemischen Charakter und den Geschmack von Kaffee. Unter diesem Titel in englischer Sprache ist ein aktueller Forschungsbeitrag erschienen, den wir hier für euch zusammen fassen.
Seit einem Jahrzehnt wird immer mehr über Kaffee geforscht. Als Kaffeemacher sind wir der Überzeugung, dass Kaffee weniger eine Kunst, sondern vielmehr ein Handwerk ist. Sei es Rösten, Brühen, Espressi ziehen – man kann alles lernen.
Um jedoch zu verstehen, was genau dabei passiert, helfen uns wissenschaftliche Untersuchungen. Die sind pragmatisch, Detail-versessen, entmystifizierend, aber für Nicht-Wissenschafter auch immer etwas sperrig.
Wir sind keine Naturwissenschaftler, fuchsen uns aber gerne in die meisten Kaffeethemen rein. Also dachten wir, dass wir ausgewählte Papers für euch lesen und versuchen, die Highlights in einfacheren Worten auf Deutsch zusammen zu fassen.
Das besprochene Paper zum Download:
Die Autoren sind:
NancyCordoba, MarioFernandez-Alduenda, Fabian L.Moreno, Yolanda.Ruizb
Publiziert 2020 in:
Trends in Food Science & Technology, Volume 96, February 2020, Pages 45-60
Um was geht es?
Wie Kaffee-Geschmack in die Tasse kommt. Um Kaffee-Extraktion also.
Um was geht es wirklich?
Die Autoren besprechen verschiedene Parameter und ihren Einfluss auf das Brühen von Kaffee. Über das Rösten, das Mahlen, die Wasserqualität etc. All das hat wesentlichen Einfluss auf die Kaffee-Extraktion. Sie sagen, dass die Geschmacksnoten im gebrühten Kaffee auf flüchtige und nichtflüchtige Bestandteile zurückzuführen sind, die während der Röstung geschaffen werden.
Dann fokussieren sich die Autoren darauf, welche Rolle vers. Parameter beim Extraktionsprozess spielen können. Brühmethoden und ihre Extraktionsparameter wurden analysiert, wie auch ihr Effekt auf die physikalisch-chemischen Eigenschaften und die Geschmacksrichtungen des gebrühten Kaffees.

Zentrale Erkenntisse zur Kaffee-Extraktion
- je mehr wir verstehen, was beim Kaffeebrühen genau passiert, umso mehr können wir vorausschauen, welche Geschmäcker in der Tasse landen
- die meisten Brühmethoden wurden entwickelt, um unterschiedliche Geschmäcker hervorzurufen
- es gibt immer mehr Brühmethoden die auf Akzeptanz stossen, jedoch fehlen wissenschaftliche Daten dazu um zu erklären, was da jeweils genau passiert
- die Methoden unterscheiden sich primär durch den angewandten Druck, das Wasser-zu-Kaffee-Verhältnis, die Wasserqualität, die Kontaktzeit, die Streuung der Partikelgrössen, die Temperatur
- was noch fehlt, wäre eine gründliche Erklärung von Masse und Energie-Transport um das Verhältnis von Extraktions-Variablen und Geschmäckern zu erklären




Der Reihe nach: die Essenz der Kaffee-Extraktion
Zusammengefasst folgen nun Statements aus dem Paper mit unseren Kommentaren.
Obwohl die Kaffee-Extratktion nur wenige Minuten in Anspruch nimmt, ist sie mit verantwortlich für einen grossen Teil der Kaffee-Qualität
- und das dürfen wir nie vergessen: von der Ernte, über die Nachernteprozesse, zum Import und Röstung dauert es in der Regel rund +/- 5 Monate. Und dann brühen wir den Kaffee in 3 Minuten und können da scheitern
Die Kaffeebrühmethoden unterscheiden sich je nach geographischem, kulturellem und sozialem Kontext, sowie natürlich den individuellen Vorlieben.
- ich bin auf Kaffeereisen immer wieder erstaunt, mit was man alles Filterkaffee machen kann. Man braucht ja nur ein Medium, dass den Kaffee filtert. Eine witzige Maschine ist der chorreador, eine traditionelle Brühmethode aus Costa Rica.
Was jedoch immer gleich sei: der direkte Kontakt zwischen Wasser und geröstetem und gemahlenen Kaffee, damit das Wasser den Geschmack in das Getränk bringen kann. Danach folgt die subjektive Beurteilung, die aber an objektiven Standards hängt – wenn ich mehr Körper mag (subjektiv), dosiere ich die Pulvermenge höher (objektiv)
- ich mag diese Unterscheidung zwischen subjektiv und objektiv, da sie uns helfen kann, noch neutraler über Geschmack zu sprechen und gleichzeitig zu sehen, dass die Rezeptur angepasst werden muss.
Spezifische Extraktions-Variablen wie Extraktionszeit, Wasserzusammensetzung, Temperatur, Druck, Partikelgrösse und das Verhältnis von Dosierung und Wasser beeinflussen den Geschmack. Jedoch habe der Einfluss von physikalischen Gegebenheiten noch weniger Aufmerksamkeit in der Forschung erhalten. So komme es, dass es scheinbar viele Mythen gibt in der Extraktion von Kaffee
- wunderbar! Wir Menschen haben ja die Angewohnheit, Dinge erklärbar zu machen. Und wer immer wieder Kaffee brüht, fragt sich vielleicht auch, warum der Kaffee am anderen Tag besser oder schlechter war. Gut möglich, dass der Grund ein anderer war, als den, den wir angenommen haben. Die Forscher reden z.B. von der „Durchlässigkeit“ und „Diffusion“ (S.2) als weitere Forschungsfragen, um den Brühprozess noch besser zu analysieren. Alle Details zu verstehen hilft uns also, Kaffee noch besser brühen zu können.
Auf Seite 2 sagen sie dann, dass es auf Grund so vieler Faktoren schwierig ist, hoch-qualitativen Kaffee in einer reproduzierbaren Art zu brühen.
- auf jeden Fall. Und deshalb brühen wir in unseren Kursen viele Male den gleichen Kaffee und achten auf die Details. Ebenfalls machen wir an Brüh-Meisterschaften mit – so haben wir das perfekte Training, immer gleich zu brühen.
Wie gibt es guten Kaffee?
Die Kaffeequalität eines fertigen Getränks ist im Rohkaffee angelegt. Chemische Substanzen, auch bekannt als Aromavorstufen, die sich erst beim Rösten manifestieren, bringen den Geschmack in die Tasse.
- die Aromavorstufen, die wir durch kontrollierte Nachernteprozesse und Fermentationen hervorrufen können, haben wir hier detailliert besprochen.
Diese Substanzen werden transformiert in flüchtige und nichtflüchtige Bestandteile währen dem Röstvorgang. Viele davon werden danach in der Extraktion gelöst, je nach Paritkelgrösse u.a.
Eine Anpassung von einem der Parameter hat natürlich zur Folge, dass das Getränk anders schmecken kann.
Methoden der Kaffee-Extraktion
Die Autoren unterscheiden verschiedene Methoden der Brühung.




Decotion method: (grössere Menge Kaffee mit längerem Kontakt zwischen Kaffee-Partikeln und Wasser)
- gekochter Kaffee, Türkischer Kaffee, Perkolator, Vakuum
Infusion: heisses Wasser fliesst durch ein Kaffeebett, kurze Kontaktzeit des Kaffeemehls mit den einzelnen Wasser-Portionen
Druck (Druck ist verantwortlich für das Pressen von Wasser durch ein Kaffeebett)
- Mokka, Espresso, French Press
- Obwohl, French Press ist eine Kombination aus ziehen lassen – der Druck spielt u.E. keine Rolle.
TDS und Extraktionsrate
Even though the coffee brewing chart remains widely used, its applicability is rapidly decreasing because of new coffee brewing methods.
N. Cordoba, et. al., 2020, p.49.
Das Brewing Control Chart stammt aus den 1950er-Jahren und hat sich nur wenig verändert. Die Autoren sehen als nicht mehr zeitgemäss an, da es nicht auf Geschmäcker eingeht und die heute existierenden Brühmethoden nur wenig mit einbezieht. Es reduziert die Brühung im Wesentlichen auf Extraktion und Stärke.




Es brauche weitere Instrumente, die den Geschmack, und nicht nur die gelösten Teilchen analysiert
- und natürlich braucht es weiterhin den Menschen, den sensorisch geschulten Gaumen, mit dem der Geschmack verstanden werden kann.
- am Ende des Tages geht es um Genuss – und bisher machen Menschen hier die beste Arbeit, zu unterscheiden, was lecker und weniger lecker ist.
pH und Säure
pH: Anzahl Wasserstoff-Ionen Konzentration
totale titrierbare Säure misst alle Protonen
Totale Säure und pH wurden lange benutzt, um Säure in einem Getränk zu bestimmen. Die wahrgenommene Säure wird primär folgenden Säuren zugeordnet:
Essig-, Apfel-, Ameisensäure, Milchsäure, Chlorogensäure, Chinasäure
Die Verbindung von pH zu titrierbarer Säure ist noch nicht komplett erforscht.
- aber: wir messen tiefere pH-Werte bei einem Kaffee aus Kenia, als bei einem Kaffee aus Brasilien
- weniger pH UND weniger wahrnehmbare Säure
9 Fakten zur Kaffee-Extraktion, um (fast) überall Eindruck zu schinden
Die Konzentration von Fetten in nicht gefiltertem Kaffee (z.B. Espresso) ist höher als in Filterkaffees. Ein Filter hält viele Fette zurück.
Fette spielen eine wichtige Rolle in der Geschmacksbildung, weil sie eine Emulsion machen, welche die Aromen speichern und transportieren kann. Ebenso verbessern sie die Textur des Getränkes.
CGA (Chlorogen-Säuren) sind relativ hoch vorhanden im Getränk und sind verantwortlich für die Antioxidantien, sind enzündungshemmend, antikarzinogen, und antimutagen.
Maximal 30% der Bitterkeit kommen von Koffein und Trigonellin.
Zucker, Organische Säure, Koffein werden super effizient in den ersten Sekunden extrahiert, und zwar zu mehr als 90%.
Bei Filterkaffee – in den ersten 2 Minuten lösen sich ca. 65-75% des verfügbaren Flavor-Potenzials.
In Cold Brew: 400min (ca. 7h) reichen, damit wir in einer Balance sind.
Bei höherer Temperatur ist die kinetische Erngeie der Wassermoleküle höher. Mehr Mobilität verstärkt die Möglichkeit, Bestandteile aus dem Kaffeebett zu lösen.
Während der Brühung wachsen Kaffeekörner um 20-23% nachdem sie 10-15 min nass waren.
- Mehr zum Thema Extraktion und Stärke haben wir hier notiert.
- Eine Grundvoraussetzung für die Extraktion, ist die Mahlung des Kaffees. Dieser Artikel behandelt das ausführlicher als alle anderen im Netz.
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