Was ist Totraum in einer Kaffeemühle?

Was ist Totraum in einer Kaffeemühle?

Als Totraum wird der Leerraum einer Kaffeemühle bezeichnet, in dem sich bereits gemahlener Kaffee ansammelt, der nicht Teil als Teil der aktuellen Mahlung ausgeworfen wirft. Gute Mühlen haben geringen Totraum und werfen den größten Teil des gemahlenen Kaffees aus.

Totraum entsteht durch Freiräume rund um die Mahlscheiben. Lange und verschachtelte Auswürfe die der gemahlene Kaffee nach der Mahlung auf dem Weg zur Ausgabe hinter sich bringen muss, erhöhen den Totraum. In der englischen Sprache wird von Retention gesprochen, also dem zurückbleibendem gemahlenen Kaffee. Wir unterscheiden zwischen permanentem, temporärem und absoluten Totraum.

Im permanentem Totraum verklebt Kaffeepulver dauerhaft. Der temporäre Totraum wird mit jeder Mahlung geleert und neu gefüllt. Der absolute Totraum ist die Summe von permanentem und temporären Totraum.

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Welche geschmacklichen Auswirkungen hat Totraum?

Je größer der Totraum, desto größer ist auch die geschmackliche Auswirkung auf den Kaffeegeschmack. Im Totraum befindet sich gemahlener Kaffee. Solange Kaffee in der ganzen Bohne im Bohnenbehälter ist, ist die Geschwindigkeit der Alterung gering. Bei der Mahlung wird der Kaffee in viele kleine Partikel aufgebrochen. Dadurch verliert er die eigene Schutzschicht, die er vorher selbst gebildet hat. Die spezifische Oberfläche vergrößert sich um ein Vielfaches. Reagierten Sauerstoff und Licht vor der Mahlung nur mit der ganzen Bohne, erreichen sie nun ohne weiteres jedes Partikelchen.

Dadurch reagieren die im Kaffee enthaltenen chemischen Komponenten mit den äußeren Faktoren, wie Sauerstoff und Licht. Die dem Kaffee inne wohnenden Öle oxidieren beschleunigt. Aromakomponenten verflüchtigen sich. Bereits 15 Minuten nach der Mahlung ist ein gewichtiger Anteil der flüchtigen Bestandteile verflogen.

Geschmacklich ist stark die Oxidation von Partikel erlebbar. Bereits 30 Minuten nach der Mahlung kann bei dunkleren Kaffees ein sensorischer Unterschied wahrgenommen werden, der stark zu nimmt. Sitzt viel alter Kaffee in der Mühle, schmeckt der Kaffee unangenehm scharf, ranzig und penetrant. Im Nachgeschmack bleibt eine die Zunge zusammen ziehende Trockenheit zurück.

Zudem wird alter Kaffee fad und verliert durch den Verlust der flüchtigen Aromakomponenten Komplexität. Bei einem großen Totraum, bildet dieser zum Teil die Hälfte des neuen Espressos. Entsprechend gravierend sind die geschmacklichen Folgen.

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Totraum Auswirkung auf die Extraktion

Alter Kaffee im Totraum hat auch Auswirkungen auf die Extraktion und das Auslaufverhalten des Kaffees. Besonders erheblich ist das bei der Zubereitung von Espresso. Alter Kaffee baut einen anderen Widerstand im Siebträger auf, als frisch gemahlener Kaffee. Bei hoher Luftfeuchtigkeit bildet der ältere Kaffee teilweise einen höheren Widerstand, da er verklumpt und verklebt. Gleichzeitig fällt dieser Kaffee aber auch nicht mehr gut in den Siebträger, was zu Channeling führen kann.

Ein großer Totraum erschwert das Einstellen der Mühle. Läuft z.B. ein Espresso zu schnell, so stellen wir die Mühle feiner. Wenn der nächste Espresso bezogen wird und der Totraum 9 Gramm beträgt, sind jedoch immer noch 9 Gramm "alter" Kaffee und somit auch Kaffee mit dem vorigen Mahlgrad in der Mühle. Diese müssen zunächst ausgemahlen werden, um die Auswirkungen der Mühlenumstellung zu sehen. Werden die 9 Gramm nicht zunächst ausgemahlen, wird die darauf folgende Mahlgradverstellung aufgrund einer falschen Grundlage vorgenommen. Dadurch verliert der unerfahrene Home Barista schnell die Übersicht und verzweifelt bei der Einstellung des Espressos. Deshalb die wichtige Regel: bei Mühlen mit großem Totraum auch beim Einstellen des Mahlgrades immer zwischen dem Verstellen den Totraum leer mahlen!

Permanenter Totraum

Im permanenten Totraum verklebt sich Kaffeepulver dauerhaft mit der Mühle. Er wird, wenn der permanente Totraum einmal gefüllt ist, nicht bei jeder Mahlung ersetzt. Typische Stellen die dauerhaften Totraum schaffen, sind die Ritzen in Schraubenköpfen. Auch rund rund um die Mahlscheiben bildet sich bei manchen Mühlen eine dauerhafte Kaffeepulverschicht. In dem Bereich vor oder hinter dem Flapper baut sich auch gerne eine kleine Menge Kaffeepulver auf, die dauerhaft verklebt und sich nicht oder nur selten löst.

Wenn sie sich löst, dann sorgt sie dafür, dass von einer zur nächsten Extraktion plötzlich größere Kaffeepulvermengen Schwankungen entstehen.

Theoretisch ist der permanente Totraum relativ neutral zu betrachten. Er hat direkt keine Auswirkung auf des ausgegebene Mahlgut und wird auch nicht Teil der nächsten Extraktion. Allerdings altert dieser Kaffee langsam vor sich hin und bildet eine ranzige Atmosphäre in der Mühle. Da Kaffee selbst normalerweise nicht schimmelt, ist das aus Sicht der Lebensmittelhygiene relativ unproblematisch. Sensorisch hat der Abrieb des alten Kaffees jedoch eine Auswirkung auf den Geschmack. Die Auswirkung ist ausgeprägt, wenn der Kaffee in einem größeren temporären Totraum lange in Verbindung mit dem Kaffee im permanenten Totraum steht. Wird viel und regelmäßig Kaffee bezogen und ist der permanente Totraum kleiner als 2 Gramm, ist die Auswirkung gering.

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Temporärer Totraum

Temporärer Totraum leert und füllt sich bei jeder Mahlung. Der Kaffee verbleibt als Rückstand einer Mahlung in der Mühle. Stattdessen wird das alte Kaffeepulver, welches sich von der letzten Mahlung in der Mühle im Totraum befindet, ausgeworfen.

Der Totraum beträgt je nach Mühle zwischen 0 und über 10 Gramm. Im Rahmen unserer Espressomühlen-Testreihe haben wir über 24 Espressomühlen auf ihren Totraum überprüft. Die Ausmaße des Totraums sind dabei zum Teil überaschend groß. Je größer die Mahlscheiben, desto mehr Anfälligkeit für temporären Totraum hat eine Mühle. Das liegt an dem Umkreis der Mahlscheiben, aber auch dem Weg zum Auswurf. Liegen die Mahlscheiben über dem Auswurf oder ist eine Mühle von oben nach unten aufgebaut, ist der Totraum in der Regel geringer.

Der temporäre Totraum hat je nach Größe erheblichen Einfluss auf den Geschmack, die Extraktion und die Einstellbarkeit der Mühle. Das Kaffeepulver im Totraum wird Teil des Espressos, wenn es nicht zunächst ausgemahlen wird. Es beeinflusst also den Geschmack, aber auch die Extraktion. Liegt das Kaffeepulver nur kurz im Totraum, ist der Einfluss geringer. Wurde der letzte Bezug am Vortag bezogen, schmeckt der Kaffee durch das vorgemahle Kaffeepulver unbalanciert und hat eine ranzige Tendenz. Hinzu kommt, dass die Extraktion schlechter läuft, weil das Pulver keinen Widerstand aufbauen kann.

Mühlen mit geringem absoluten Totraum

In dem größten Espressomühlenvergleich im deutschsprachigen Raum haben wir besonderen Wert auf die Messung des absoluten Totraumes gelegt. Der absolute Totraum ist die Summe von temporärem und permanentem Totraum. Es handelt sich um den Bereich in der Mühle, wo der gemahlene Kaffee sich dauerhaft oder vorübergehend aufhält.

Mühlen mit dem geringsten absoluten Totraum sind die G-Iota (1,5 g), die Niche Zero (1,1 g), die Rommelsbacher EKM300 (1,5 g) sowie die Delonghi KG521 (1,4 g). Mühlen aus der Eureka Mignon Reihe erreichen mit der Magnifico (2,1 g), der Specialità (2,7 g) ebenfalls gute Werte. Auch die Baratza Sette 270 (2,7 g) sowie die Rocket Faustino (2,8 g) bleiben unter 3 g Totraum. Nicht alle oben genannten Mühlen sind auch gute Espressomühlen. Der Umfang des Totraums ist nur ein wichtiger Parameter.

Weitere Mühlen mit geringem absoluten Totraum:


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Totraum-Bedeutung für Single Dosing und Zeitprogrammierung

Viele der getesten Mühlen performten als "Single Dosing" Mühlen deutlich besser als in dem vorgesehenen Modus. Sie kamen insbesondere auf weniger Totraum.

Single Dosing ist ein Prinzip der Espressozubereitung, welches sich aus den Baristaweltmeisterschaften heraus entwickelt hat. Anstatt die gesamte Kaffeemenge in den Bohnenbehälter zu geben, wird nur die gewünschte Kaffeemenge abgewogen und gemahlen. Der Ablauf entwickelte sich zunächst mit der Mahlkönig EK43, die keine Dosierprogrammierung besitzt. Es werden z.B. 18 Gramm Kaffee in den Bohnenbehälter gegeben und ausgemahlen. Eine gute Single Dosing Mühle wirft nun die 18 Gramm auch wieder vollständig aus. Viele Mühlen erreichen dieses Ziel mehr oder weniger gut, wenn sie 30 Sekunden mahlen. In unserem Test haben wir genau das probiert. Wir haben die Mühlen 30 Sekunden mahlen lassen.

Hier überraschte z.B. eine Lelit PL72 die normalerweise 5 Gramm Totraum aufweist. Bei einer Mahlung über 30 Sekunden warf sie jedoch die komplette eingegebene Kaffeemenge wieder aus und hatte somit keinen Totraum.

Dieses Vorgehen unterscheidet sich deutlich von der Arbeit mit Bohnenbehälter. Dabei wird die Mahlung nach einer definierten Zeit unterbrochen, wenn die ausgegebene Zielmenge erreicht ist. Nur bleibt dann eine große Menge Kaffeepulver auf dem Weg im Totraum liegen. 

Insbesondere für Mühlen mit großem Totraum lohnt sich deshalb die Überprüfung, ob sie als Single Dosing Mühlen gute Arbeit leisten. Das hat den schönen Nebeneffekt, dass die Einstellung des Mahlgrades einfacher wird und weniger Kaffee verbraucht. Auch der Wechsel von einem Kaffee zum anderen ist bei der Anwendung des Single Dosing Ablaufes einfacher möglich.  

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Schlussfolgerungen zum Totraum

Wer seine Mühle kennt, kann gegen den eigenen Totraum arbeiten und mit einem einfachen Trick die Qualität des Kaffees verbessern. Gleichzeitig lässt sich die Mühle so auch einfacher und besser einstellen.

Vor jedem Bezug sollte das Kaffeepulver im temporären Totraum ausgemahlen werden. Das gilt vor allem, wenn länger kein Kaffee mehr bezogen wurde. Wir empfehlen das Ausmahlen bereits nach einer inaktiven Zeit von einer Stunde. Eine regelmäßige gründliche Reinigung der Espressomühle ist außerdem wichtig.

Auch beim Einstellen der Mühle sollte nach jeder Mahlgradverstellung unbedingt das alte Kaffeepulver ausgemahlen werden. Nur so ist das Ergebnis der Mahlgradverstellung auch im Bezug sichtbar. Vor allem bei der Zubereitung von Espresso ist entscheidend für eine erfolgreiche Suche nach dem perfekten Mahlgrad.

Hat eine Mühle einen sehr großen absoluten Totraum, performt aber gut als Single Dosing Mühle (siehe dazu auch unser Espressomühlentest), so sollte die Mühle entsprechend verwendet werden. Das erhöht die Qualität, erleichtert das Einstellen der Mühle und wird schnell zur Routine. Diese Art der Nutzung ermöglicht auch den einfachen Wechsel von einer Kaffeesorte auf die nächste. Das macht Freude!

Totraum ist ein wichtiges Thema, wenn es um die Qualität von Kaffeemühlen geht. Mit diesem Blog wisst ihr nun alles, was darüber wichtig ist. 

Oder haben wir etwas vergessen? Dann ergänzt gerne mit euren Kommentaren, Fragen und Einschätzungen. Danke!

Benjamin Hohlmann
Benjamin Hohlmann
Benjamin Hohlmann ist Gründer der Kaffeemacher GmbH. Er war bis Ende 2016 neun Jahre teilhabender Geschäftsführer und Wirt im Kaffeehaus unternehmen mitte. Mit der Kaffeemacher-Akademie, dem Spezialitäten-Café frühling im Kleinbasel und dem Kaffee-Mobil hat er in Basel Massstäbe in Sachen Kaffee gesetzt. In den letzten Jahren sind zum Kaffeemacher-Universum die Kaffeefarm Santa Rita sowie unsere Rösterei hinzu gekommen. Benjamin ist Co-Geschäftsführer der Kaffeemacher verantwortlich für Finanzen, Strategisches und Öffentlichkeitsarbeit. Als Sensoriker und Berater unterstützt er ausserdem Unternehmen und Projekte. Er ist Dozent an der ZHAW Wädenswill im Bereich Kaffee und als Vortragsredner international im Einsatz.

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