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Rocket R Cinquantotto – Dualboiler-Espressomaschine im Test

Rocket R Cinquantotto – Dualboiler-Espressomaschine im Test

Die Rocket R Cinquantotto ist die Nachfolge-Espressomaschine des R58 Dualboilers. Wir schauen der Rocket Cinquantotto unter die Haube und kommen dabei nicht umhin, die Maschine auch im Kontext anderer Espressomaschinen einzuordnen. Für wen macht die Investition in einen Dualboiler Sinn? Was ist der Mehrwert einer solchen Espressomaschine und wir spiegelt sich das Ergebnis in der Espressotasse.

Eine Investition fürs Leben und in viel Material

Ganze 29 kg bringt die Rocket R Cinquantotto auf die Waage und gehört damit zu den Schwergewichten der heimischen Espressomaschinen. Viel Edelstahl und zwei Boiler sowie eine Tiefe von 46 cm, eine Breite von 31 cm und eine Höhe von 42 cm tragen ihren Anteil dazu bei. Bei der Bemessung der Breite unterlässt Rocket das links an der Maschine montierte Displays, welches noch einmal gute 5 cm einnimmt. Zwar kann das Display auch abgesteckt werden, die Optik ist jedoch ein deutlicher Zugewinn zur Display-Optik der Vorgänger R58. Und da es auch einige praktische Funktion wie die Temperatursteuerung und die Einstellung des Ecomodus mitbringt, wird es meistens an der Maschine versteckt sein. Das lange Kabel lässt jedoch auch zu, das Display hinter der Maschine zu verstecken.

Die Rocket R Cinquantotto kostet in der Schweiz CHF 2990,-. In Europa haben wir die Maschine für 2499 Euro z.B. bei Stoll Espresso gesehen. Der vollständigkeiz halber sei hier noch erwähnt, dass wir selbst die Maschine in der Schweiz auf Wunsch auch vertreiben. Unsere Testberichte führen wir jedoch als Kaffeeschule und Akademie durch und fühlen uns frei, Fehler und Stärken einer jeder Maschine aufzuzeigen. In der Schweiz gibt es die Rocket R Cinquantotto neben uns z.B. auch bei Philippe im Home Barista Shop in Aarau, bei Flo in der Kaffeewerkstatt in Zürich oder bei Lukas in Märstetten bei Kaffee-Erlebnis.ch

Die Rocket Cinquantotto mit Rotationspumpe kann an das Festwasser angeschlossen und auch mit Tank betrieben werden. Die jeweiligen Anschlüsse sind bereits angebracht und lassen sich ohne weiteres nutzen und ein entsprechender Flexschlauch ist im Lieferumfang enthalten.

Das Prinzip Dualboiler am Beispiel der Rocket R Cinquantotto

Dualboiler Espressomaschinen sind eine eigene Maschinen-Gattung. Sie unterscheiden sich insbesondere von Zweikreisern und Einkreisern durch einen weiteren Boiler, wie der Name schon sagt. Ein in der Regel kleinerer Boiler wird für die zielgenaue Temperatur von rund 93 Grad Brühwassers reserviert. Ein weiterer größerer Boiler liefert den Dampfdruck, mit dem das Schäumen der Milch realisiert wird. Die Temperatur des größeren Boilers erreicht Temperaturen zwischen 120 und 130 Grad Celsius.

Der Brühboiler der Rocket R Cinquantotto fasst 0,58 l und der Dampfboiler der 1,75 l. Im Falle der R Cinquantotto sind beide Kessel aus Kupfer. Der große Vorteil eines Dualboilers ist die Möglichkeit, die Boiler unabhängig voneinander in der Temperatur zu steuern. So lässt sich einerseits die perfekte Brühtemperatur erzielen, ohne Kompromisse bei der Dampfkraft zu machen.

Aus diesem Grund waren Dualboiler-Espressomaschinen vom Prinzip her über Jahre die besten Espressomaschinen für die zielgenaue Zubereitung von Espresso. Im Bereich der Gastronomiemaschinen wurde diese Technologie von Dalla Corte 2001 mit dem Multiboiler Ansatz auf die Spitze getrieben. Über jeder Gruppe mit Siebträgeraufhängung wurde ein eigener Boiler installiert, der individuell in der Temperatur reguliert werden konnte.

Die Rocket R Cinquantotto leistet eine gute Arbeit, was die individuelle Temperatureinstellung und Umsetzung der Gruppen betrifft. Ein Wehrmutstropfen ist jedoch, dass ein mögliches Offset nicht nachgestellt werden kann.

Wie verhält es sich aber mit der Temperaturkonstanz und ist die Cinquantotto auch eine Maschine, mit der schnell verschiedene Temperaturen ausprobiert und unterschiedliche Espressi zielgenau gebrüht werden können?

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6 Espresso-Bezüge mit der Rocket R Cinquantotto hintereinander.

Vor- und Nachteil der Trägheit – Temperaturkonstanz

Das vielleicht vorweg. Wir haben grandiose Espressi getrunken. Die Rocket R Cinquantotto lässt sich auf den Punkt einstellen und performt dann die Temperatur wie eine eins. Die durchschnittlich perfekte Espressobrühtemperatur liegt bei etwa 92 – 94 Grad Celsius und die hat unser Modell angefahren. Die Maschine war nicht nur im Bezug sehr präzise, sondern steigert sich auch über fünf aufeinander folgende Bezüge insgesamt nur um 1,2 Grad. Das ist ein Top-Wert und ermöglicht wirklich viele gute Bezüge hintereinander, auch bei Gäste-Andrang oder im Umfeld eines kleinen gastronomischen Angebotes.

Allerdings ist die Espressomaschine sehr träge. Das hat sie gemeinsam mit allen Espressomaschinen mit Faema E61 Brühgruppe und dem Prinzip eines relativ großen Boilers. Bis da alles durchgeheizt ist, vergehen vor dem ersten Bezug 25 Minuten. Diese Trägheit zeit sich in der Konstanz von Bezug zu Bezug. Vergleichen wir die Rocket R Cinquantotto mit einer günstigen Thermoblock-Espressomaschine, sieht zweitere aus wie ausschlagendes Herz-EKG. Der Dualboiler ist dagegen eine sanfte Linie auf Temperatur.

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Temperaturkurven Sage Barista Touch mit kaltem Siebträger auf niedrig, Prima von Victoria Arduino und Cinquantotto.

Die Trägheit hat jedoch einen weiteren Nachteil. Zwar kann die Cinquantotto über das Display einfach in der Temperatur verstellt werden, die Umsetzung des neuen Zielwertes dauert jedoch. Eine Korrektur nach oben wird mit ein bis zwei Leerbezügen relativ schnell erreicht, eine Korrektur nach unten, bedarf schon deutlich mehr Geduld.

Hier verdeutlicht die Rocket R Cinquantotto die Grenzen des klassischen Dualboilers. Das immense erwärmte Material ist nicht flexibel und von Bezug zu Bezug auf unterschiedlicher Temperatur bereit. Die Qualität liegt in der Statik und Konstanz. Aus diesem Grund kann ein Dualboiler unterschiedliche Temperatur-Bereiche anfahren. Als Maschine zum Spielen, Experimentieren und als Partnerin neben einer Single Dosing Mühle, mit dem Ziel zu experimentieren und unterschiedliche Rezepte und Temperaturen auszuprobieren, ist jedenfalls die Rocket R Cinquantotto nur bedingt zu empfehlen.

Die Unabhängigkeit des flexiblen Dampfboilers und Latte Art

Mein Barista-Kollege Michel Aeschbacher schwärmt in unserem ausführlichen Video über Dampfperformance der Cinquantotto. Viel Kraft wird in die Kanne geblasen und doch erhitzt die Milch nicht zu schnell. Damit ist das Schäumen für Latte Art und die Zubereitung von Cappuccino und Latte Macchiato eine Freude. Die langsamere Aufheizung ermöglicht langes Schäumen in der Rollphase und damit das Erstellen eines zarten Milchschaumes.

Ist der Druck zu hoch oder zu niedrig, kann über die individuelle Steuerung des Dampfboilers Abhilfe geschaffen werden. Etwas schade ist dabei, dass bei 126 Grad Celsius nach oben Schluss ist. Schade ist das weniger für den heimischen Gebrauch als für den weiter oben angesprochenen Einsatz im kleingastronomischen Rahmen.

Da wäre noch etwas mehr Druck gleichbedeutend mit mehr Geschwindigkeit. Das beschleunigt die Zubereitung und bringt das Getränk schneller zum Gast. Die Milchperfomance der Rocket R Cinquantotto ist damit nur eingeschränkt für die Gastronomie zu empfehlen. Hier merkt man deutlich: Maschinen wie die GS3 von La Marzocco oder die Victoria Arduino Prima sind mit ihren Gastrokomponenten viel besser geeignet.

Viel Strom aber guter ECO-Modus Ersatz

In der Aufheizstunde mit fünf Espresso-Bezügen verbraucht die Cinquantotto 0,38kW/h. Das ist allerhand. Eine Ascaso Steel Duo PID verbraucht mit 0,09 kW/h ein Viertel dessen. Nach 90 Minuten ohne Benutzung springt die Cinquantotto dann in einen automatischen ECO-Modus und schaltet ab.

Ein in Kürze erscheinender Test zum Thema Stromverbrauch und Eco-Modus wird den Tipp geben, eine Maschine direkt nach dem Bezug auszustellen, wenn voraussichtlich die nächsten zwei Stunden kein Espresso mehr gebrüht wird. Die Rocket R Cinquantotto lässt dafür durch die Steuerung über das Display zusätzliche Möglichkeiten. Es können z.B. zwei Zeitfenster pro Tag programmiert werden, wann die Maschine an und wieder ausgehen soll. Sehr praktisch und vor allem zielführend bei einer Espressomaschine, die gute 25 Minuten aufheizt. So ist sie schon bereit, wenn der täglich-morgendliche Espresso gebrüht werden soll.

Fazit und für wen die Rocket R Cinquantotto die richtige Maschine ist

Eine Investition in die Cinquantotto ist eine auf Dauer angelegte Investition, die sich über viele Jahre amortisieren wird. Der Hersteller Rocket baut solide Maschinen für eine halbe Ewigkeit. Zum Teil müssen diesen Nachweis andere Hersteller noch erbringen, die günstigere Maschinen mit gleichwertiger Espresso-Perfomance bauen.

Dennoch bleibt die Frage, was eine Investition in eine Cinquantotto rechtfertigt, schon wenn der Blick nur auf das eigene Haus mit Mozzafiato und Appartamento gerichtet wird.

Die Temperatur-Konstanz der Appartamento ist nahezu gleichwertig. Die Mozzafiato ist ebenso unterwegs und kann noch per PID im Temperatur-Bereich kontrolliert werden, wobei die Aufheizzeit in unserem Test länger war. Der gewichtige Unterschied der Temperatur-Individualität der Cinquantotto kommt vor allem dann zum Tragen, wenn die Temperatur zum Brühen bespielt werden soll. Hier ist die Trägheit jedoch ein Hindernis, auch wenn das Display da Beweglichkeit andeutet. In der Praxis wird wohl für einen Beutel Espresso die Temperatur leicht angepasst werden und so kann ein noch besseres Ergebnis in der Tasse erzielt werden. Da sind wir aber in Höhen der sensorischen Einschätzungsfähigkeit unterwegs, die wir als Kaffee-Sensoriker im Alltag selten gehen.

Die R Cinquantotto ist aus meiner Sicht eher nicht für Barista geeignet, die gleichzeitig verschiedene Espressi geöffnet haben und dem einen Gast das Profil und dem anderen jenes servieren wollen. Dafür gibt es deutlich bessere Espressomaschinen, die wie die Decent Espresso neben der Temperatureinstellung dann auch noch unterschiedliche Druck- und Flow-Profile ermöglichen.

Benjamin Hohlmann
Benjamin Hohlmann
Benjamin Hohlmann ist Gründer der Kaffeemacher GmbH. Er war bis Ende 2016 neun Jahre teilhabender Geschäftsführer und Wirt im Kaffeehaus unternehmen mitte. Mit der Kaffeemacher-Akademie, dem Spezialitäten-Café frühling im Kleinbasel und dem Kaffee-Mobil hat er in Basel Massstäbe in Sachen Kaffee gesetzt. In den letzten Jahren sind zum Kaffeemacher-Universum die Kaffeefarm Santa Rita sowie unsere Rösterei hinzu gekommen. Benjamin ist Co-Geschäftsführer der Kaffeemacher verantwortlich für Finanzen, Strategisches und Öffentlichkeitsarbeit. Als Sensoriker und Berater unterstützt er ausserdem Unternehmen und Projekte. Er ist Dozent an der ZHAW Wädenswill im Bereich Kaffee und als Vortragsredner international im Einsatz.

9 Kommentare

Mathias
Mathias
Liebe Kaffeemacher:innen,

Vielen Dank für diesen ausführlichen Testbericht! Auch euer Video dazu fand ich klasse und habe es mehrmals geschaut. Unter anderem wegen eurer Testberichte habe ich mich letztlich für die Rocket Cinquantotto entschieden. Eine wie ich finde sehr tolle Maschine: leise, präzise und mit PID-Steuerung für beide Kessel, einfach toll.

Der einzige Punkt, der mich an der Cinquantotto stört, ist das Klopfen oder Blubbern aus dem Dampfkessel beim Einschalten, Hochzeiten, im eingeschalteten Zustand und beim wieder Abkühlen. Also sobald ich sie einschalte, kommen diese Geräusche eigentlich die ganze Zeit aus dem Inneren. Das kannte ich von meiner Lelit Mara nicht, weshalb ich mich frage, ob dieses Klopfen bei der Cinquantotto normal ist? Wie sind da eure Erfahrungen? Habt ihr davon schon gehört und wisst ihr vielleicht eine Lösung?

Im Kaffeenetz habe ich gelesen, dass es bei der jüngsten Version des Modells wohl häufiger vorkommt, teilweise irgendwann verschwindet und dann wieder auftaucht. Also eine Lösung für die Thematik habe ich bisher nicht gefunden. Vielleicht könnt ihr mir oder die Community ja helfen?

Liebe Grüße
Mathias
Pascal Rutz
Pascal Rutz
Hey Mathias, ich habe von dem Rocket Importeur schon gehört, dass dies sein kann, wenn Luft im Boiler ist. Am besten öffnest du mal den Dampfhahn beim Aufheizen, bis Dampf kommt, dann schliessen. So sollte es etwas leiser werden. Hoffe, das hilft auch bei deiner Maschine. Grüsse Pascal

Claudio Dossena
Claudio Dossena
Es wäre wünschenswert, dass bei allen Tests auch der Stromverbrauch bei abgeschaltetem Dampfboiler erwähnt würde! Wie ist es jetzt bei der Cinquantotto ? Übrigens den Namen Cinquantotto (58) hat sie von der Grösse des Brühboilers erhalten ! Die Tests sind ja gut und recht aber man wird den Eindruck nicht los, dass aufgrund Eurer gewählten die Testspezifikation vornehmlich Gastro angesprochen wird. Die Aussagen sind Teilweise irreführend und für Haushaltsanwendung eher fremd. Da sollte expliziert darauf verwiesen werden.

Gruss

Claudiio
Thomas Jöbstl
Thomas Jöbstl
Hey Claudio, danke für dein Feedback! Wir sind gerade dran, viele Maschinen nochmal mit unserem aktuellen Messprotokoll, das heisst wir werden das in naher Zukunft noch bei vielen Maschinen nachreichen. Wir sehen die Cinquantotto schon als Home Maschine, jedoch kann sie durch ihren Dualboiler auch als Maschine bei Caterings verwendet werden. Gruss Thomas
Anna
Anna
Danke für eure aufschlussreiche und unterhaltsame Beiträge. Habt uns damit massiv geholfen!
Messdaten zum Stromverbrauch sowie Aufheizzeit nur für den 0,58er Boiler wären wirklich sehr hilfreich. Wir schalten den zweiten Boiler bedarfsgerecht, jedoch tendenziell selten, dazu.
Pascal Rutz
Pascal Rutz
Hey Anna, freut uns zu hören. Danke für dein Feedback.Grüsse Pascal

Pascal Rutz
Pascal Rutz
Hey Anna, freut uns zu hören. Danke für dein Feedback.Grüsse Pascal

TheDings
TheDings
Könntet ihr euch bitte als preisgünstigeren Dualboilder mal die Lelit Elizabeth anschauen?
Pascal Rutz
Pascal Rutz
Danke für dein Wink, wir schreiben es auf unsere Liste.

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