Die Mahlkönig X54 Espressomühle ist auf dem Markt. Als Kaffeemühle ist die X54 für Espresso und Filterkaffee geschaffen und soll als „Allrounder“ heimische Kaffeetrinkerinnen und Kaffeetrinker bedienen. Der Preis ist mit 460 Euro sehr kompetitiv und erschließt damit ein neues Preissegment für den Branchenprimus Mahlkönig.
Wir haben einen ersten Blick auf die Mahlkönig X54 geworfen, als diese raus kam. Zwischenzeitlich haben wir mit einem ausführlichen Test im Rahmen unserer großen Espressomühlen-Testreihe nachgelegt. Alles was ihr über Totraum, Konstanz und Partikelverteilung wissen solltet, erfahrt ihr in diesem Bericht.
Wir haben die Mahlkönig X54 in die Vergleichsgruppe 4 eingestuft und vergleichen sie mit der Eureka Specialià, der Lelit PL72 und G-Iota. Die weiteren Videos und das Vergleichsvideo erscheinen im März 2022.
Die Vario von Mahlkönig war bisher die Einstiegsmühle des Schweizerisch-Deutschen Kaffeemühlenkonzerns. Auch bei mir stand sie vor gefühlt einem Jahrzehnt zuhause – eine Mühle wir ein Fremdkörper in einem ansonsten hochwertigen Sortiment von Kaffeemühlen. Mahlkönig machte eben keine Mühlen für den Einstieg – oder wenn, dann nur mit angezogener Handbremse – so war mein damaliges Fazit bei der Nutzung des Plastikgeschützes. Wenn ich an das Umstellen des Mahlgrades an den zwei Hebeln zurück denke, kriege ich heute noch Krämpfe.
Umso mehr freute ich mich über die Ankündigung der X54. Eine richtige Mühle – ein „Allround Home Grinder“ mit Espressoschwerpunkt. Das ist durchaus anspruchsvoll! Die Präzision im Espresso-Feinbereich der Partikel fordert von einer Mühle einiges und geht selten einher mit einer gute Mahlgradeinstellung bis in den Filterbereich.
Der erste Eindruck der X54 war dann durchaus beeindruckend. Die Maschine wirkt sehr hochwertig, gut verarbeitet. Sie ist mit rund 5 kg zwar eher auf der leichten Seite, fühlt sich dabei aber dennoch solide an. Das äußere der X54 ähnelt der E65 in klein oder der Anfim Practica, die wie Mahlkönig Teil der Hemro Gruppe sind.
Ansicht der Mahlkönig X54.
Der Bohnenbehälter besteht aus ziemlich widerstandsfähigem Plastik. Der verträgt auch das eine oder andere runterwerfen. Das ist viel besser geworden als bei früheren Mahlkönig-Mühlen. Auch die Bohnenbehälteraufnahme ist solide. Kein mühseliges einrasten und abbrechen mehr wie noch bei der K30 oder Peak. Die Mahlgradverstellung fühlt sich ebenso wertig an wie das Display gut funktioniert. Das macht Freude!
Für das saubere Einstellen des Espressos ist eine zuverlässige Mahlkaffeemenge ein wichtiger Faktor. Wir haben je 10 Bezüge im Espresso-Bereich wie auch Filterkaffee-Bereich gemessen. Die Mühle schwankt dabei mit 0,3g +/- vom Zielmahlgrad. Das ist nicht perfekt, aber völlig akzeptabel für eine Mühle für den Hausgebrauch. Auffällig war aber, dass es immer mal wieder Ausreißer-Bezüge gab. So wurde einmal statt der Zielmenge von 18 Gramm Kaffee nur 16.5 Gramm ausgeworfen und dafür bei der nächsten Mahlung eine erhöhte Menge. Die Mahlkönig X54 hat leider diese Tendenz, dass sie immer mal wieder Kaffeepulver über den üblichen Totraum hinaus zurück hält. Dieses Pulver verklebt sich im recht großen offenen Bereich rund um die Mahlscheiben und löst sich dann bei einer späteren Mahlung.
Neue Mühlen liefern zunächst mehr statische Aufladung, bis die Mahlscheiben etwas eingelaufen sind. Die statische Aufladung hielt sich in Grenzen und war nicht auffällig hoch. Wenn die Mühle hundert Bezüge hinter sich hat, wird sich zum einen die Statik der Teilchen reduzieren und auch die Schwankung voraussichtlich bei 0,2 bis 0,3 Gramm einpendeln.
Der Blick auf die Partikelverteilung ist zunächst positiv und passt zu vielen guten Espressi, die wir von der Mahlkönig X54 getrunken haben. Im Rahmen unserer Messung T4 haben wir die Espressomühle erneut auf einen Espresso mit unserem Apas Schulungsespresso und einer Einwaage von 18 Gramm sowie 45 Gramm Espresso-Getränkegewicht in 25 Sekunden eingestellt.
Die Messung weist einer im Verhältnis zu anderen Mühlen geringen Feinanteil von 19,6 % auf und zeigt gleichzeitig ein relativ schmales Hauptpeak von 236 Micron. Sensorisch äußert sich das in klaren Espressobezügen, einer relativ geringen unangenehmen Bitterkeit und einem guten Extraktionsverhalten.
Leider spielte die Mühle nicht jedes Mal die gleiche Verteilung aus. Das zeigt das Diagramm oben sowie das folgende deutlich.
Bei T3 und T4 wurde die Mühle auf das Ziel-Espresso-Rezept eingestellt. Nach T4 wurde ein Ristretto (T5) und Café Crème (T6, siehe Diagramm weiter oben) bezogen. Für T7 wurde die Mühle nach bester Einstellungsmöglichkeit wieder auf die gleiche Markierung am Mahlgradrad eingestellt.
In allen Fällen weichen die Kurven sowie Messungen voneinander ab. Das äußerte sich an in "springenden" Extraktionsergebnissen sowie der Espressoqualität. Allerdings waren in allen Fällen die Ergebnisse im guten Bereich, weshalb die Schwankungen weniger stark ins Gewicht fallen. Dennoch überraschten die großen Schwankungen negativ.
Espresso-Rezept T2 | ||
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X50 | 332,125783 | |
Feinpeak | 17,5294 | |
Grob-Peak | 244,1144852 | |
Espresso-Rezept T3 | ||
X50 | 353,6270026 | |
Feinpeak | 16,2155 | |
Grob-Peak | 255,9786224 | |
Espresso-Daten (T4) | ||
X50 | 315,8588965 | |
Feinpeak | 19,5779 | |
Grob-Peak | 235,5817838 | |
Ristretto-Daten (T5) | ||
X50 | 241,8600157 | |
Feinpeak | 27,0234 | |
Grob-Peak | 202,4481579 | |
Café Crème-Daten (T6) | ||
X50 | 643,2831203 | |
Feinpeak | 6,8572 | |
Grob-Peak | 434,9229908 | |
Espresso-Daten (T7) | ||
X50 | 340,7732122 | |
Feinpeak | 17,9228 | |
Grob-Peak | 249,9478125 |
Mahlkönig hat hier selbst in der Kommunikation einen Bock geschossen und mancher Wiederverkäufer hat diesen übernommen. Die Mühle hat nicht 35 Stufen sondern ist stufenlos. Sie hat jedoch eine Skala die sich über 35 Ziffern bzw. Einteilungsschritte zieht.
Beim Einstellen des Mahlgrades ist kein Wiederstand und auch kein Rastern zu spüren. Im Umkehrschluss bedeutet dass, das die Mühle stufenlos präzise eingestellt werden kann. Wir haben die Mühle unproblematisch von Espresso auf Filter und wieder zurück gestellt. Im Espressobereich bedarf es dann wieder einiger Bezüge, um auf den Punkt die perfekte Espresso-Extraktion zu nageln. So unser erster Eindruck. Gerade diesen Bereich der Mühle werden wir noch genauer untersuchen. Auf den ersten Blick mutet die Mühle hier deutlich flexibler an, als viele klassische Espressomühlen.
Mahlgradeinstellung der X54.
Wir sind prinzipiell eher dafür, eine Mühle nur für Espresso zu verwenden und eine weitere Mühle für Filterkaffee. Ob die Mahlkönig X54 hier unsere Meinung ändert, berichten wir euch nach weiteren Tests.
Als Totraum wird Raum in der Mühle bezeichnet, der sich nach dem Beenden einer Mahlung nicht vom Kaffeepulver leert. Je nach Mühlengeometrie, Mahlscheibenverbauung und Umraum bleibt mehr Kaffeepulver in der Mühle zurück oder weniger. Dieses Mahlgut wird beim Mahlen von weiteren Kaffeebohnen bei der nächsten Mahlung als erstes aus der Mühle gedrückt. Zum Ende einer Mahlung bleibt wiederum neues Pulver zurück.
Wir unterscheiden bei der Überprüfung des Totraumes zwischen Stellen in der Mühle, an denen sich nicht jedes Mal das Kaffeepulver ersetzt und Bereichen, wo das Kaffeepulver bei jeder Mahlung ausgetauscht wird. In Öffnungen von Schraubenköpfen bleibt beispielsweise mit der Zeit Kaffeepulver kleben, welches dann nicht bei jeder Mahlung ausgetauscht wird.
Viel Spielraum für altes Kaffeepulver.
Der Totraum der X54 ist relativ groß. Im Bereich der Mitnehmer und vor dem Flapper lagert sich einiges Kaffeepulver an. Wir haben bei unserer neuen Mühle im Juli 2021 einen Totraum von 7,6 Gramm bei einem Espressomahlgrad gewogen. Mahlkönig hat hier aber zwischenzeitlich nachgelegt und die Widerstandsfähigkeit und Größe des Flappers verändert. Und auch wenn wir es zunächst nicht glauben wollten: der neue Flapper reduziert den Totraum auf 4,1 Gramm, was deutlich besser ist.
Der kleinere Flapper rechts im Bild ersetzt den neuen Flapper. Der Umbau kann ohne weiteres Zuhause vorgenommen werden. Wer eines der ersten Modelle gekauft hat, sollte den Flapper wechseln.
Warum ist die Anpassung so wichtig? Totraum setzt sich mit altem Kaffee zu. Dieser wird dann für die Zubereitung des nächsten Espresso verwendet. Um das ins Verhältnis des Espressobezugs zu setzen: ein doppelter Espresso mit 18g IN bestünde zu mehr als einem Drittel aus „altem“ Kaffeemahlgut. Der Bezug eines einfachen Espressos von 9 oder 10 Gramm,… nun, der würde überwiegend mit altem Mahlgut bezogen.
Auch aufgrund des großen Totraumes ist die X54 eindeutig keine Mühle die für Einzelportionen gedacht ist. Es bleibt einfach zu viel alter Kaffee im Umraum der Mahlscheiben. Schade, dass Mahlkönig hier nicht mehr mit der Zeit geht und diese Impulse des Marktes aufgenommen und an einem kleineren Totraum gearbeitet hat. Niche macht es vor und Eureka liefert mit dem „Blow Up System“ zumindest Ansätze, um mit dem Totraum umzugehen.
Totraum ist kein Problem, wenn der nächste Espresso unmittelbar bezogen wird. Problematisch wird es, wenn der Espresso erst am nächsten Morgen ansteht. Wie nun also mit einem solchen Problem umgehen, wenn doch eine Mühle ansonsten gute Leistung erbringt? Kurz zwischenmahlen ist die beste Devise.
Gerade bei der X54 lassen sich 4 Mahlmengendosierungen programmieren. Mahlmenge 1 kann so eingestellt werden, dass bei der Nutzung der Mühle zunächst der Totraum geleert und neu gefüllt wird. Erst dann kann z.B. auf Mahlstufe 2 die eigentliche Mahlmenge bezogen werden.
In unserem ausführlichen Espressomühlen-Test haben wir die Single-Dosing-Fähigkeit einer Mühle folgendermaßen getestet: wir haben die Mühle leer gemahlen. Anschließend haben wir die Kaffeebohnen aus dem Bohnenbehälter entnommen. Nun wurden 18 Gramm abgewogen und eingefüllt. 30 Sekunden wurde anschließend gemahlen. Testkriterium war, wie zuverlässig die entsprechende Mühle das Kaffeepulver vollständig in dieser Zeit auswirft.
Hier zeigte sich wieder das oben angesprochene Verklebungsproblem. Während die Mühle in der Regel nur geringe Mengen von 0,2 Gramm zurück hielt, zerstörten einige Ausreißer mit bis zu 1,2 Gramm das Ergebnis. 0,2 Gramm wäre aus unserer Sicht ein gutes Ergebnis. 1,2 Gramm aber sind ein schlechtes Ergebnis. In jedem Fall ist bei der X54 ein Nachwiegen notwendig.
Wir sind auf eine Mahlzeit von 16.5 Sekunden gekommen, um 18 Gramm Kaffeepulver für die Zubereitung unseres Espresso von der Kooperative APAS zu beziehen. Die Röstung ist für unsere Verhältnisse eher auf der dunkleren Seite, also eine mittlere Röstung im Gesamtbild. Hellere Röstungen werden länger dauern, dunklere Röstung werden aufgrund der Brüchigkeit des Kaffees schneller von statten gehen.
In 10 Sekunden erreichte die Mühle eine Mahlmenge von 13,7 Gramm. Damit gehört sie zu den langsamen Espressomühlen im Testfeld.
Gerade heimische Espressomühlen sind oft nicht nur laut sondern hören sich auch „verkrampft“, hakelig und „ungesund“ an. Im Vergleich dazu ist das 81,8 Dezibel laute brummen der Mahlkönig X54 eher ein Schnurren. Die Mühle befindet sich damit im besseren Mittelfeld aller Testmühlen.
Zu den positiven Ergebnissen zählt die relativ geringe Temperatur der Mahlscheiben, bzw. die geringe auf das Kaffeepulver übertragene Temperatur. Über sechs Mahlungen wies das Mahlgut eine Wärme von 31,1° Celsius auf und stieg auch nur um 1,2°C an. In diesem Temperatur-Bereich erwarten wir keine negativen sensorischen Einflüsse auf das Mahlgut.
Der Bohnenbehälter der X54 ist mit einem praktischen Schieber sehr einfach abnehmbar. Er schließt gut und die gesamte Aufhängung wirkt sehr wertig. Unterhalb des Schiebers bleiben dann jedoch noch 20,8 Gramm Restbohnen zurück. Das ist ein mittlerer Wert. Schnelles Wechseln von Kaffeesorten geht also, verlangt aber das Ausmahlen oder Umdrehen der Mühle.
Soweit unser erster Test zur Mahlkönig X54. Die Mühle liefert viel gutes ab und setzt vor allem Ausrufezeichen bei der Verarbeitung. Auch die Bedienbarkeit ist gut und insgesamt wirkt die Mühle sehr hochwertig. Der verbesserte Totraum ist ein wichtiger Schritt. Die Espressomühle hat jedoch darüber hinaus gehende Schwierigkeiten in der Mahlkammer. Zu oft wird das Kaffeepulver nicht zuverlässig ausgemahlen. Zu oft schwankt die Menge und zeigt sich beim öffnen, dass viel Pulver rund um die Mahlscheiben verklebt. Das trübt den guten Eindruck.
Wer jedoch die Mahlmenge kurz nachwiegt und nicht direkt in den Siebträger mahlt, der hat in der X54 eine sehr gute Mühle in Sachen Preisleistungsverhältnis. Der Zubehörmarkt ist gesichert und die Reparaturfähigkeit auch. Daran hapert es insbesondere bei günstigeren Mühlen, wie z.B. den Mühlen von Sage.
Mit der X54 lässt sich sehr guter Espresso zubereiten. Das ist das wichtigste und dafür können wir die Mühle trotz einigen Wünschen zur Verbesserung auf jeden Fall empfehlen.
Wenn ihr mehr über die Zubereitung von Espresso lernen wollt, dann werft einen Blick auf unser Kursprogramm in unseren Kaffeeschulen in der Schweiz und in Deutschland und wenn die Reise zu uns zu weit ist, dann ist vielleicht unser Online-Home Barista Kurs für euch eine Option.
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Wir sind eure Erfahrungen mit der neuen Mühle von Mahlkönig? Teilt ihr unseren Eindruck oder seid ihr anderer Meinung? Was fällt euch positiv auf und was stört euch? Wir sind gespannt auf eure Erfahrungen.
Keine Angst, wir spammen dich nicht zu.
3 Kommentare
Allerdings habe ich bei meinem Gerät ein Problem, dass sobald man den Bohnenbehälter leicht vorne antippt das Gerät den Fehler E001 zeigt (also "Bohnenbehälter nicht aufgesetzt"). Der Händler konnte den Fehler leider bisher nicht beheben, kennt das Problem vielleicht jemand und kann mir einen Tipp geben?
Zwischenmahlen ist ja gut und schön...Aber dann kostet das Kilo Kaffee keine 20-30€ mehr, sondern ca. 36-50€.
Was denkst du?