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    Arkel Coast im Test: Der portugiesische Herausforderer

    Arkel Coast im Test: Der portugiesische Herausforderer

    Es gibt diese Momente, in denen ein neuer Player das Spielfeld betritt und die etablierten Platzhirsche nervös machen sollte. Die Arkel Coast ist genau so ein Kandidat. Wir haben es hier mit einer Dualboiler-Espressomaschine zu tun, die nicht aus den klassischen italienischen Schmieden in Mailand oder Florenz stammt, sondern komplett in Portugal gefertigt wird.

    Mit einem Preis von rund 2.300 Euro platziert sie sich in einem extrem spannenden Segment. Sie ist teurer als die klassischen Einstiegsmaschinen, aber deutlich günstiger als die Kult-Objekte von La Marzocco, die oft das Doppelte kosten. Doch wie viel Maschine bekommt man wirklich für dieses Geld?

    Wir haben die Arkel Coast über Monate getestet, verschiedene Iterationen angeschaut und können heute konstatieren: Das vor uns stehende Modell überzeugt und muss sich vor oben genannten Herstellern keineswegs verstecken.

    Design & Masse: Architektur für die Küche

    Wenn die Arkel Coast vor einem steht, wirkt sie mit ihrer kompakten Quaderform wie ein gebautes Objekt. Sie verzichtet konsequent auf Rundungen oder Retro-Zitate. Mit einer Höhe von 40 cm und einer Breite sowie Tiefe von gut 37 cm ist sie ein fast quadratischer Monolith, der ruhig und gesetzt im Raum steht.

    Die Front erscheint dabei wie eine Fassade – eine glatte, dunkle Glasfläche, die auch das Bedienfeld darstellt. Das Material unterstreicht diesen massiven Anspruch: Die Maschine bringt stolze 23 Kilogramm auf die Waage. Dunkles Metall dominiert, alles wirkt streng und diszipliniert. Wir haben bei unserem Haptik-Check keinerlei scharfe Kanten gefunden, die Lackierung fühlt sich sehr hochwertig an.

    Im Detail zeigt sich die Arkel Coast funktional, aber mit kleinen Eigenheiten:

    • Die Tropfschale: Sie ist riesig und ein echtes Arbeits-Highlight. Wir haben ein Fassungsvermögen von 1,2 Litern gemessen. Wer von einer kleinen Maschine kommt, wird es geniessen, nicht nach jedem Bezug die Schale ausleeren zu müssen.
    • Der Siebträger: Der Griff ist sehr dünn gestaltet. Das sieht elegant aus, liegt aber vielleicht nicht jedem satt in der Hand. Dafür ist die Passform technischer Perfektionismus: Zwischen dem mitgelieferten Tamper und dem Sieb gibt es ein sehr geringes Spiel von nur 0,65 Millimetern – ein Top-Wert.
    • Der Workflow-Nachteil: Die strenge Architektur fordert einen kleinen Tribut bei der Bedienung. Weil die Brühgruppe so tief und versteckt integriert ist, muss man sich anfangs fast bücken, um den Siebträger einzuspannen. Man sieht die Aufnahme nicht direkt, das Einspannen erfordert etwas Übung und Muskelgedächtnis.

    Wir bewerten die Wertigkeit der Arkel Coast mit 7,5/10 Punkten und das Zubehör mit hochwertigem Tamper, Siebträger und Sieb mit 8/10 Punkten.

    Technik & Aufheizzeit: Ein Sprint für einen Dualboiler

    Wer klassische E61-Dualboiler kennt, kennt auch das Warten: Oft vergehen 25 bis 30 Minuten, bis diese Chrom-Boliden wirklich durchgeheizt sind. Die Arkel Coast bricht mit diesem ungeschriebenen Gesetz. In unserem Testprotokoll waren wir positiv überrascht: Nach nur 12 Minuten ist die Maschine startklar.

    Wie schafft sie das? Die Ingenieure setzen auf einen 0,7-Liter-Kaffeeboiler, der direkt als gesättigte Gruppe in den Brühkopf integriert ist. Unterstützt wird das von einer Zusatzheizung, die die Temperaturstabilität vom Start weg gewährleisten soll. Der 1-Liter-Dampfboiler im Heck agiert dabei völlig unabhängig und lässt sich separat schalten. Das bedeutet: Wer morgens nur einen Espresso trinken will, lässt den Dampfboiler aus und spart Zeit und Energie.

    Diese 12 Minuten sind ein echter Praxisvorteil. Morgens spontan einen Espresso trinken? Mit der Arkel Coast kein Problem. Damit wildert sie im Revier der schnellen Thermoblock-Maschinen, bietet aber die thermische Masse eines echten Kessels. Zur Wahrheit gehört aber auch: Während sie viele Boiler-Kollegen abhängt, gibt es mittlerweile Maschinen mit Dickfilmheizer, die schon nach fünf Minuten bereit stehen. Die Arkel ist also sehr schnell für ihre Bauart, aber nicht der absolute Rekordhalter am Markt.

    Energie-Messwerte im Labor-Check

    Zum Test einer jeden Espressomaschine gehört in unserem Protokoll der unbestechliche Blick auf den Stromzähler. Hier profitiert die Arkel Coast spürbar von der schnellen Aufheizzeit, zeigt aber zwei Gesichter – je nachdem, wie ihr sie nutzt.

    • Ohne Dampf: Wenn wir den Dampfboiler ausgeschaltet lassen – also im reinen Espresso-Betrieb – haben wir einen extrem niedrigen Verbrauch gemessen: Nur 0,14 kWh stehen für das Aufheizen und die ersten Bezüge auf der Uhr. Das ist ein hervorragender Wert, der fast auf dem Niveau kleiner Einkreiser liegt. Auf unserer Effizienz-Skala würde sie in diesem Szenario starke 8 von 10 Punkten abräumen.
    • Mit Dampf: Schaltet ihr den Dampfboiler dazu, fordert die thermische Masse ihren Tribut. Der Gesamtenergieverbrauch steigt für das gleiche Szenario (Aufheizen plus fünf Bezüge) auf rund 0,25 kWh bis 0,29 kWh an. Damit ordnet sie sich im unteren Mittelfeld ein – auf unserer Skala sind das noch 4 von 10 Punkten.

    Die Effizienz der Arkel Coast liegt also buchstäblich in eurer Hand: Nutzt den Kippschalter für den Dampfboiler bewusst, und ihr habt eine der sparsamsten Maschinen ihrer Klasse in der Küche.

    Geschmack & Espresso-Qualität: Wenn Physik auf Handwerk trifft

    Reden wir über das Wichtigste: Was landet am Ende in der Tasse? Wie schmeckt der Espresso, den wir mit der Arkel Coast brühen? Das hängt natürlich von der Wahl der Bohnen und unserer Umsetzung ab. Aber die Arkel Coast liefert die Basis.

    Das Temperatur-Profil: Ein Charakter mit „Auftrieb“

    Grundvoraussetzung für guten Geschmack ist eine stabile Temperatur. In unserer Detail-Analyse im Labor zeigt die Arkel Coast hier ein sehr spezifisches Verhalten. Ist sie einmal warmgelaufen, trifft sie die Zieltemperatur von 93 Grad fast perfekt – wir messen im eingeschwungenen Zustand einen Mittelwert von 92,87 Grad. Das gibt im Cluster "Zielerreichung" volle Punktzahl. Aber Vorsicht beim ersten Espresso am Morgen: Der „Erste Bezug“ liegt im Schnitt rund 1,5 Grad unter der Zieltemperatur. Ein Leerbezug mit heissem Wasser durch den Siebträger macht also Sinn, damit die Temperatur von Anfang an voll auf den Punkt ist.

    Spannend wird es während des Bezugs. Wir beobachten einen thermischen „Auftrieb“. Anders als viele Maschinen, deren Temperatur gegen Ende leicht abfällt, steigt die Temperatur bei der Arkel während der Extraktion um fast 2 Grad an (Intra-Shot Rise). Das ist technisch kein Defekt, hat aber sensorische Konsequenzen: Hitze am Ende der Extraktion betont Bitterstoffe. Das Profil wirkt dadurch etwas „aggressiver“.

    Zudem müsst ihr den Offset kennen: Wir haben festgestellt, dass die Display-Anzeige nicht exakt der Temperatur im Siebträger entspricht. Bei eingestellten 92 Grad kommen am Puck etwa 93,5 Grad an. Das ist Physik, kein Drama. Da dieser Versatz konstant ist, könnt ihr einfach umdenken: Stellt das Display ein bis zwei Grad niedriger ein, um eure Wunschtemperatur zu erreichen.

    Labor-Detailanalyse (Auszug aus dem Protokoll)

    In unserem Protokoll erhält die Arkel Coast 6 von 10 möglichen Punkten in Sachen Temperaturprotokoll. Das ist ordentlich in unserem durchaus anspruchsvollen Test, zumal die Maschine die meisten Punkte im WBC-Protokoll verliert.

    1. Cluster A: Alltagstauglichkeit (4,0 / 5,3 Pkt)
    Teil 1: Kaltstart / First Shot (2,0 / 3,3 Pkt):
    Mittelwert Shot 1: 91,40 °C vs. Mittelwert Shot 3–5 (Steady State): 92,87 °C. Differenz: 1,47 °C.
    Der erste Bezug ist knapp 1,5 Grad kühler als der eingeschwungene Zustand. Das liegt gerade noch im Bereich für 2,0 Punkte, ist aber an der Grenze. Ein Leerbezug eliminiert dieses Delta.
    Teil 2: Zielerreichung / Kalibrierung (2,0 / 2,0 Pkt):
    Die Maschine trifft die Zieltemperatur im warmen Zustand fast perfekt. Volle Punktzahl.

    2. Cluster B: Intra-Shot Stabilität (1,3 / 2,7 Pkt)
    Analyse Shot 5 (Sek 8–25): Start bei 92,13 °C, Ende bei 94,03 °C.
    Die Temperatur steigt während der Extraktion um fast 2 Grad an. Nach Regel V2.1 wird ein "Leichter Anstieg" aufgrund der sensorischen Nachteile (Bitterkeit) härter bewertet als ein Abfall.

    3. Cluster C: WBC-Performance (0,7 / 2,0 Pkt)
    Die Arkel bleibt sicher im 3-Grad-Fenster für Haushaltsmaschinen, zeigt aber einen driftenden Charakter nach oben, statt wie Profimaschinen konstant auf einer Linie zu bleiben.

    Flow-Control als Geschmacks-Tuner

    Der Arkel steht mit dem auf der rechten Seite angebrachten Flow-Controller ein mächtiges Werkzeug zur Qualitätsverbesserung oder zur Qualitätssicherung zur Verfügung. Die Technik dahinter ist kein einfaches Nadelventil, das nur den Zufluss drosselt. Arkel nutzt in der neuesten Version ein Bypass-System. Wenn ihr das Paddle bewegt, öffnet ihr eine Abzweigung und leitet überschüssigen Druck gezielt ab. Das Manometer zeigt euch dabei immer den effektiven Druck auf dem Kaffeekuchen an.

    Das eröffnet uns drei Szenarien für den Geschmack:

    1. Sanfte Pre-Infusion: Durch die Vibrationspumpe baut sich der Druck ohnehin etwas langsamer auf. Mit dem Paddle könnt ihr diesen Effekt verstärken und den Kaffee bei niedrigem Druck sanft vorbenetzen, was besonders bei hellen Röstungen hilft, die Säure zu bändigen und Channeling zu vermeiden.
    2. Die Bitterkeit ausbremsen: Hier schliesst sich der Kreis zur Temperatur. Wenn ihr merkt, dass der Espresso gegen Ende durch die steigende Temperatur zu bitter werden könnte, nehmt ihr mit dem Paddle einfach den Druck raus – runter auf 6 oder 4 Bar. Das reduziert die Extraktionsrate am Ende und macht den Espresso runder und süsser.
    3. Shot Repair („Der Retter“): Mein persönliches Highlight im Workflow. Ihr habt die Mühle falsch eingestellt und der Espresso schiesst viel zu schnell durch? Statt ihn wegzukippen, regelt ihr den Druck spontan auf 6 oder 7 Bar runter. So verlängert ihr die Kontaktzeit künstlich und rettet den Bezug. Der Espresso wird vielleicht nicht perfekt, aber oft noch erstaunlich gut und absolut trinkbar.

    Die solide Temperaturperformance und die zusätzliche Fluss-Steuerung sind mächtige Werkzeuge, um Bezug für Bezug sehr gute Espressi zu ziehen. Die Arkel Coast erreicht 7 von 10 möglichen Punkten in der Kategorie Espresso-Potenzial.

    Kurz zur Volumetrik

    Verlasst euch für den Geschmack bitte nicht auf die Zeitautomatik. Da die Maschine nur die Zeit misst (z.B. 25 Sekunden) und nicht das Volumen, variiert das Ergebnis in der Tasse enorm, sobald ihr den Mahlgrad ändert oder das Paddle nutzt. Für reproduzierbaren Geschmack führt hier kein Weg an der Waage vorbei. Eine zeitgesteuerte Mengenausgabe ist besser als gar keine Ausgabe. Und wenn der Mahlgrad einmal sauber eingestellt ist und ihr konstant arbeitet

    Dampfpower: Die Nebelmaschine

    Wer gerne Cappuccino trinkt, wird diese Maschine lieben. Der Dampfboiler hat ordentlich Kraft. In unserem Test dauerte es nur 23 Sekunden, um eine grosse Portion Milch auf 60 Grad zu erwärmen. Michel nannte das System treffend „Nebelmaschine“. Der Schaum ist feinporig und der Schäumvorgang geht auch bei vielen 0,6er Kannen hintereinander kaum merklich in die Knie.

    Das ist exzellente Schäum-Performance, was uns die Arkel liefert: 8 von 10 Punkten in unserem Testprotokoll.

    Reinigung und Wartung

    Ein Punkt, der oft vergessen wird, ist die Wartung. Hier haben die Portugiesen mitgedacht. Es gibt ein spezielles Entleerungsventil unten an der Maschine, mit dem ihr die Boiler komplett leeren könnt, wenn ihr sie selbst entkalken wollt. Ihr lest richtig! Grundsätzlich empfehlen wir euch NICHT, Espressomaschinen mit Boiler selbst und zu Hause zu entkalken. Entkalken ist selbst bei sehr weichem Wasser, das ständig gefiltert wird, hin und wieder notwendig. Aber für eine rückstandslose Entkalkung müssen die meisten Espressomaschinen umfangreich demontiert und der Boiler geöffnet werden, da sonst die Entkalkungsflüssigkeit in der Maschine zurückbleibt.

    Anders bei der Arkel: Das Entleerungssystem erlaubt es euch, den Boiler komplett zu leeren. Und damit könnt ihr ohne Weiteres die Entkalkung selbst vornehmen. Das ist bares Geld wert. Ein Entkalkungsservice alle zwei bis drei Jahre kostet schnell 200 bis 300 Euro! Beim Preisvergleich mit anderen klassischen Maschinen am Markt könnt ihr also auf Fünfjahressicht einiges bei der Arkel in Sachen laufenden Kosten abziehen und lieber direkt in die Maschine stecken.

    Catering-Potenzial: Bereit für das Vereinsfest?

    Wir werden oft gefragt, ob man solche Maschinen auch mal für Events, Hochzeiten oder das sprichwörtliche Vereinsfest nutzen kann. Die Arkel Coast sendet hier gemischte Signale, ist aber grundsätzlich ein spannender Kandidat für mobile Einsätze.

    Auf der Haben-Seite stehen die brachiale Dampfpower und die riesige Tropfschale. Wer im Akkord Cappuccinos raushauen muss, wird es lieben, nicht alle fünf Minuten die Schale leeren zu müssen. Auch die Temperaturstabilität bei vielen Bezügen in Folge macht sie belastbar. Zudem ist sie mit 23 kg gerade noch so transportabel, ohne dass man direkt einen Spediteur braucht.

    Es gibt jedoch einen Haken für den professionellen Dauereinsatz: Die Arkel Coast hat keinen Festwasseranschluss und auch die Tropfschale lässt sich nicht ans Abwasser anschliessen - immerhin ist sie sehr gross. Ihr seid auf den 2,5-Liter-Wassertank angewiesen. Bei hohem Durchsatz müsst ihr den Füllstand also ständig im Auge behalten und nachfüllen. Für die private Gartenparty oder das Catering im kleineren Rahmen ist sie top – für das Hochfrequenz-Geschäft fehlt ihr der Wasserhahn. Wer damit leben kann, bekommt aber ein echtes Arbeitstier an die Seite gestellt. Im kleinen Café wäre die Maschine aber an der falschen Stelle.

    Fazit

    Die Arkel Coast ist eine Kampfansage. Eine hochwertige Dualboiler-Espressomaschine, die mit Komponenten aus Portugal bzw. Europa hergestellt wird und dank Flusssteuerung Maschinen wie der Micra, Zuriga oder Mozzafiato den Schneid abkauft.

    Gute Temperaturstabilität im Alltag sowie Ansprechpartner im DACH-Raum machen sie zu einer attraktiven Espressomaschine und die Schäum-Performance sucht ihresgleichen. Wir sind sehr angetan von diesem Espressomaschinen-Debüt aus Portugal und freuen uns schon jetzt auf das nächste angekündigte Modell namens „Tide“.

    Arkel Coast

    Testbericht Zusammenfassung
    63,3
    Gesamturteil
    Gut / Standard
    Score
    0 - 100
    Espresso

    7,0
    x3
    Temperatur

    6,0
    x2
    Volumetrik

    3,0
    x2
    Schäumqualität

    8,0
    x2
    Wertigkeit

    7,5
    x2
    Bedienbarkeit

    7,0
    x2
    Aufheizzeit

    5,5
    x2
    Stromverbrauch

    6,5
    x2
    Preis/Leistung

    4,5
    x1
    Lautstärke

    8,0
    x1
    Zubehör

    8,0
    x1
    Catering Pot.

    4,5
    x1

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