Auf der Reise oder auf Trekking-Touren ist guter und selbst gebrühter Kaffee bei allen Mitreisenden gern gesehen. In der Regel ist ein Filterkaffee die richtige Wahl, um eine Gruppe glücklich zu machen, denn dieser ist einfacher in ausreichender Menge schnell gebrüht. In einem Artikel und Video gehe ich gezielt auf verschieden Kaffees für unterwegs ein.
Doch wenn Espresso-Lust aufkommt, ist Filterkaffee nicht die richtige Antwort. Flair, Aram und co. sind aber nur bedingt mobil und deshalb unterwegs nicht so gut geeignet. Die Wacaco Picopresso verspricht aber genau das. Und nach dem ich mit dem Vorgänger, der Wacaco Nanopresso* schon ordentliche Ergebnisse erzielt hatte, war ich besonders neugierig, was die Wacaco Picopresso* in Sachen Kaffeequalität und auch Wertigkeit verspricht.
Bei allen mobilen Espressobrühern ist die erste und wichtigste Frage, ob diese in der Lage sind überhaupt Espresso zu brühen. Espresso zeichnet sich durch ein Kernmerkmal aus und das ist die Konzentration von gelösten Kaffeeteilchen im Verhältnis zu Wasser. Der Konzentrationsbereich der auch Stärke genannt wird, ist nicht endgültig definiert, pendelt aber zwischen 6 und 12% TDS (Total Dissolved Solids = Gesamtheit der gelösten Teilchen).
Mit der Wacaco Picopresso haben wir einen Espresso mit einer Stärke von 9,7 % TDS gebrüht, bei einem Getränkeverhältnis von 18 Gramm Kaffeepulver zu 36 Gramm Espresso in der Tasse. Ein kräftiger doppelter Espresso also, im Verhältnis von 1:2.
Die Textur des Espresso war cremig und balanciert, geschmacklich mit einer leichten Tendenz Richtung Säure. Die Säure wird durch die eher niedrige Brühtemperatur betont. Das Ergebnis ist für einen mobilen Espressobrüher gut.
Wer die Wacaco Picopresso mit seiner Top-Siebträger-Espressomaschine vergleichen will, wird vor allem in Sachen Konstanz und Wiederholbarkeit der Ergebnisse Schwankungen feststellen. Doch das ist aus unserer Sicht auch nicht das Ziel des mobilen Brühers. Dieser ist geeignet, um unterwegs einen guten Espresso brühen zu können und dieses Erlebnis hatten wir jedes Mal, wenn wir die Picopresso auf einer Kajak-Tour, Wanderung oder auch im Stadion ausgepackt haben.
Das Sieb der Wacaco Picopresso fasst laut Hersteller 15 - 20 Gramm Kaffee. Wir raten dazu, mit 18 Gramm Kaffee zu arbeiten. Bei geringerer Füllung konnten wir deutlich mehr Kanalbildung (Channeling) feststellen.
Ohne Plastikauslauf lässt sich bei guter Mahlgutvorbereitung die Schönheit einer Espressoextraktion mit bodenlosem Siebträger bewundern. Allerdings ist es gar nicht so einfach, mit der Wacaco Picopresso ohne Channeling Espresso zu brühen, da die Pumpfstöße keinen konstanten Druck erzeugen. Sichtbar wird Kanalbildung, wenn der Espresso sich immer wieder in kleinen Fontänen aus den Löchern zwängt und in alle Richtungen spritzt, statt gleichmäßig in die Tasse zu laufen.
Mit dem Plastikauslauf wird der Espresso zusammen geführt und landet dadurch gezielt in der Tasse.
Die Wacaco Picopresso mag mit 7,8 cm an der dicksten Stelle und 10,6 cm an der höchsten Stelle kompakt sein, doch in ihrem Inneren befindet sich ein ganzes Sammelsurium von nützlichen Gegenständen.
Gehen wir von links nach rechts durch den Lieferumfang der Wacaco Picopresso. Links oben befindet sich der untere Verschlussdeckel. Das 15 - 20 Gramm Sieb ist auf dem Foto gefüllt. Ein Dosierring erleichtert das zielgenaue einfügen des Kaffeepulvers und dient gleichzeitig als Führungsstutzen für den Tamper. Praktisch! Die Dusche verteilt das Brühwasser gleichmäßig über den Kaffee. Der Tamper schließt bündig mit dem Sieb ab. Der Deckel rechts oben verschließt die obere Brühkammer. Klein unten links sieht man das mitgelieferte Nadeltool. Es ist etwas klobig, funktioniert aber dennoch. Der Hauptkörper der Picopresso kann alle genannten Gegenstände bis auf die Deckel für den Transport aufnehmen. Der Auslauf vereint die Brühung und reduziert optisches Channeling (jedoch nicht tatsächliches Channeling). Der Pinsel und der Dosierlöffel sind die beiden weniger sinnvollen Gegenstände. Die verpackte Picopresso mit allen Einzelteilen passt in die Hülle mit Reißverschluss.
Wer auf Reisen hin und wieder Lust auf Espresso hat, der findet in der gerade einmal 450 Gramm schweren Wacaco Picopresso einen guten mobilen Espressomaker. Alle für die Brühung notwendigen Zubehörteile sind dabei und auch sonst ist die Picopresso clever gemacht. Das Ergebnis lässt sich sehen und braucht sich als Espresso nicht verstecken. Wir kennen keinen kompakteren Brüher, der in Sachen Espressoqualität mithalten kann.
Wichtig: eine gute Handmühle, guter Kaffee sowie ein Wasserkocher sind notwendig, damit der Espresso gebrüht werden kann. Da die Wacaco Picopresso wie alle mobilen Brüher Schwierigkeiten damit hat, die Temperatur zu halten, empfehlen wir mittlere bis dunkle Röstungen. Helle Röstungen bringen von sich aus viele Fruchtsäuren mit, die nur durch hohe Brühtemperaturen balanciert werden können. Aus unserem Sortiment gefallen uns Mamy, Toca, Apas und Boton sehr gut.
Keine Angst, wir spammen dich nicht zu.
15 Kommentare
ich besitze eine Picopresso. Dafür benötige ich als Ersatzteil nur diese Duschplatte (Shower Head). Das Teil ist mir beim Reinigen der Picopresso auf dem Boot leider über Bord gegangen. Kann mir jemand sagen, wo ich einzelne Ersatzteile bekomme? Hab‘ leider keine Support-Seite finden können. Bin für jede Antwort dankbar.
Gruß
Rainer
Hab die picopresso gekauft, allerdings schmeckt der Kaffee immer sauer :/
Wie ist denn die Pumpgeschwindkeit? 1 Stoß / Sekunde führt bei mir dazu, dass sich so viel Druck aufbaut, dass ich gar nicht mehr pumpen kann.
Wenn ich den Mahlgrad gröber mache, wird der Kaffee noch saurer und rinnt sehr schnell durch..
ich denke, Du solltest Dir alles inklusive der Kommentare nochmal durchlesen. Da ist alles dabei, was Dir helfen sollte.
Kurz: ca. 1 Pumpstoss pro Sekunde; Du hast wahrscheinlich eine zu helle Röstung genommen; und nur so fein mahlen, dass Du es noch durchgeschossen bekommst.
Liebe Grüße
Jens
Ich hätte ne kurze Frage zu Preinfusion. Nach 10-12 Mal drücken, wartet ihr ca. 10 Sekunden. In diesen 10 Sekunden, haltet ihr den Pumphebel gedrückt? Oder ist das egal? Und wenn ihr den reingedrückt haltet, wieso? Was macht das für einen Unterschied? Würd mich über ne Antwort freuen.
nein, Du kannst den Pumpstössel einfach entspannt lassen. 12 x pumpen, langsam bis zehn zählen und weiterpumpen. Ist bestimmt entspannter... im wahrsten Sinne... Auf die Idee, den Stössel in der Preinfusion zu halten, bin ich gar nicht gekommen. Dürfte eigentlich keine Rolle spielen.
Liebe Grüße und viel Spaß!
Jens Steine
nett, daß Du Dich an mich wendest - obwohl - ich ja kein Profi bin, wie die "Kaffeemacher", Thomas oder Benjamin.
Aber ich glaube ich kann Dir helfen:
Keine Crema. Tatsächlich kann das multifaktorielle Gründe haben, aber keine Angst, das läuft...
1. Temperatur.
Die Temperatur des Wassers sollte höher sein, als man sie gemeinhin beim Espresso haben will. Warum? In der Picopresso kühlt das Wasser unglaublich schnell runter. Ich hab die besten Ergebnisse bei 97° C....
2. Mahlgrad:
Wirklich so fein mahlen, daß man das Wasser noch durch den Puck durchpumpen kann, ohne den Pumpstössel abzubrechen. Ausprobieren! Ich finde z.B. bei einer Comandante mit "Red Click" 16 Clicks zu fein ... kommt eben auch immer auf die Bohnen, also den Kaffee an...
3. Der Kaffee:
Das alte Lied. Guter Kaffee, nicht zu hell ( s.o.) und möglichst frisch.
Dann klappts auch mit der Crema...
Probieren, probieren,...
Greetz!
Jens
Herzlichen Dank für deine Tipps!
Obwohl ich sie erst jetzt lese und nächstens umsetzen werde, bin ich immer wieder überrascht, was da für einen Kaffee heraus kommt. Habe echt Freude.
Anscheinend kann man auch mit einem anderen Sieb den Espresso noch verbessern. Melde mich wieder
Wünsche eine gute Zeit
Ich möchte mich Benjamins Ausführungen - tatsächlich ohne Einschränkungen - anschließen. Ich habe die Picopresso seit fast anderthalb Jahren und bin immer noch begeistert von der Qualität des Espresso, den man überall dort brauen kann, wo man Wasser auf die richtige Temperatur bringen und es unmöglich ist, seinen geliebten Zweikreiser mit hin zu schleppen.
Ich habe anfangs auch noch viel rumprobieren müssen (s.o. im Kaffeemacher-Review: Temperatur, Mahlgrad,...), aber das Ergebnis nach kurzer Zeit ist großartig und es gibt mir viel, ob ich auf Kajaktour, beim Wandern, nachts in Paris als Gast in einer Wohnung ohne Espressomaschine oder jetzt auf Reha einen mehr als akzeptablen Espresso genießen kann.
Den Hinweis mittlere bis dunkle Röstungen (s.o.) zu verwenden, möchte ich aus eigener Erfahrung hier auch noch mal bestätigen.
Greetz!
Ich habe seit einer Woche eine Picopresso. Natürlich bin ich auch am Experimentieren. Mal gibt es ein Hammer Espresso, mal einen unglaublich bitteren Espresso. Muss auch weniger fein mahlen, erst nach 15 mal drücken kommt Kaffee. Was ich fragen wollte. Bei mir gibt es absolut keine Crema. Woran könnte das liegen? Freundliche Grüsse Chaubi
Was denkst du?